Der spektakuläre Stummfilm von Murnau wird wiederentdeckt: zum Beispiel in Freiburg, mit neuer Musik.
Wer sich mit dem Teufel einlässt, setzt sein höchstes Gut aufs Spiel und kann leicht die Seele verlieren. Verglichen damit ging die Universum Film Aktiengesellschaft (Ufa) 1925 mit dem Plan, den Faust-Stoff auf die Leinwand zu bringen, theologisch gesehen ein geringeres Risiko ein als seinerzeit Doktor Faust. Aus Sicht der Investoren stand allerdings mit erwarteten Produktionskosten von zwei Millionen Mark viel auf dem Spiel. Man tat daher alles, um das Publikum ins Kino zu locken.
Teuflische Verlockungen
Mit der Regie wurde Friedrich Wilhelm Murnau betraut, der sich unter anderem mit dem Film «Der letzte Mann» (1924) einen Namen gemacht hatte. Die Rolle Mephistos wurde mit dem Leinwandstar Emil Jannings besetzt, jene von Faust mit dem versierten schwedischen Schauspieler Gösta Ekman; einzig Gretchen wurde von der unbekannten Camilla Horn verkörpert.
Das Drehbuch, gemäss Inserat «nach einer alten deutschen Sage verfasst von Hans Kayser», betont das Spektakuläre, weniger das innere Ringen. Es setzt ein mit Faust als Greis, der – verzweifelt an Gott und der Welt – den Teufel beschwört und dessen Verlockungen erliegt. Wir werden Zeuge, wie Faust, wundersam verjüngt, Gretchen erobert, das im Frühling seines Lebens steht; derweil Mephisto alles unternimmt, damit die Sache böse endet. Und schliesslich begleiten wir Gretchen – das bei Murnau keine Kindsmörderin ist – auf seinem Leidensweg, bis sich in seinem und Fausts Tod doch noch alles zum Guten wendet.
Visuelle Orgie
«Faust» ist eine visuelle Orgie aus Licht und Schatten. Um die gewünschten Effekte zu erzielen, zog Murnau alle Register: «Entfesselte Feuerlöscher, Wasserdampf, der aus Dutzenden von Rohren hervorquillt, dazu noch Dämpfe der verschiedensten Säurearten, alles durch Flugzeugmotoren im Chaos herumgewirbelt», mit diesen Worten fasste der Kameramann Carl Hoffmann seine Erinnerungen an die Dreharbeiten zur Teufelsbeschwörung zusammen. Ein weiteres visuelles Highlight ist der Flug von Faust und Mephisto nach Parma, für den eine Modelllandschaft gebaut wurde.
Kurz nach der Berliner Premiere war Murnaus «Faust» in Basel ab dem 9. November 1926 täglich viermal im Cinéma Fata Morgana an der Freien Strasse 32 zu sehen. Das Kino warb mit mehreren Zeitungsinseraten so erfolgreich für den «weltberühmten Ufafilm», dass die Programmierung verlängert werden konnte.
Am 14. und 15. Februar steht das eindrückliche Bildepos auf dem Spielplan des Theaters Freiburg im Breisgau. Dabei wird auch eine Filmmusik aufgeführt, die Günter A. Buchwald eigens für diesen Anlass geschrieben hat.
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Friedrich Wilhelm Murnau
1888 in Bielefeld geboren, arbeitete er zunächst als Theaterschauspieler, nach 1919 als Filmregisseur. Seine expressive «Dracula»-Adaptation «Nosferatu» (1922) hat Werner Herzog 1979 neu verfilmt. Der Ufa-Film «Faust» (1926) ist Murnaus letzte deutsche Produktion. 1927 gelang ihm der Sprung nach Hollywood, 1931 starb er in Santa Barbara bei einem Autounfall.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 10.02.12