1915 organisierte das Palace das erste Gstaader Tennisturnier. Das Turnier überstand Weltkriege, Wetterkapriolen, Umstrukturierungen der Tour, herbe Defizite und feiert sein 100-jähriges Bestehen.
Eigentlich kommt das Jubiläum zwei Jahre zu spät. 2013, als Roger Federer und Stan Wawrinka gemeinsam in Gstaad antraten (aber beide früh scheiterten), erstrahlte das Swiss Open wieder einmal im grellsten Licht. Jetset pur im Berner Oberland! Diese Momente stellten seit 2006, als das Turnier finanziell am Boden lag und fast verkauft werden musste, nicht mehr die Regel dar.
Das Swiss Open ist mittlerweile als «Boutique-Turnier» positioniert und finanziell wieder kerngesund. Es ist eines der 15 ältesten und traditionsreichsten Tennisturniere der Welt. Den internationalen Stellenwert von früher wird es aber nicht mehr erreichen.
Denn Gstaad kam zum Übernamen «Wimbledon der Alpen» nicht einfach durch einen gescheiten Werber. Das Swiss Open verdiente sich diese liebevolle Bezeichnung. Schon bei der dritten Auflage 1917 spielte mit Germaine Golding erstmals eine Weltmeisterin mit. Von einst über 60 Turnieren in der Schweiz überlebte nur Gstaad. In den frühen Sechzigerjahren kamen die weltbesten Spieler geschlossen nach Gstaad, um jeweils eine Revanche für Wimbledon zu spielen. Roy Emerson gewann das Turnier von 1960 bis 1969 fünf Mal. Rod Laver holte 1962 nicht nur den Grand Slam, sondern triumphierte auch in Gstaad.
Als 1968 die Profi-Ära eingeläutet wurde, festigte Gstaad seinen Status durch clevere Entscheide. Das Swiss Open schloss mit dem amerikanischen Agenten Lamar Hunt einen Vierjahresvertrag ab, der dem Turnier zusicherte, dass mindestens fünf Akteure der «Handsome Eight» jedes Jahr nach Gstaad reisten. Weil die «Handsome Eight», die besten Spieler der damaligen Zeit, 1968 und 1970 nicht am French Open antraten, stand in Gstaad das bessere Spielerfeld als am Grand-Slam-Turnier im Einsatz. 1970 galt Gstaad als viertwichtigstes europäisches Turnier. 1971 figurierte Gstaad erstmals im Grand-Prix. Nur am French Open, in Wimbledon und am US Open gab es mehr Weltranglistenpunkte zu gewinnen als im Saanenland. 1973 boykottierten die meisten Profis Wimbledon, was Gstaad zum womöglich hochkarätigsten Spielerfeld seiner Geschichte verhalf.
Je mehr der Tennissport boomte, desto weniger konnte das Bergdorf Gstaad aber infrastrukturmässig in der obersten Liga mithalten. Dennoch blieb das Swiss Open in der Schweiz stets ein Top-Event. In den 80er-Jahren war fast jeder Spieltag ausverkauft. Es berichteten bis zu 200 Reporter vom Turnier. 1998 spielte Roger Federer als Junioren-Wimbledonsieger erstmals mit einer Wildcard mit; den Final gewann Alex Corretja gegen Boris Becker (7:6, 7:5, 6:3), womit Becker in seiner Karriere auch die letzte Chance vergab, ein Turnier auf Sand zu gewinnen. In den Jahren danach prägte Federer das Turnier. Unvergessen ist, wie Federer erstmals als Wimbledonsieger nach Gstaad kam und vom Turnier auf dem Centre Court die Kuh «Juliette» geschenkt erhielt. «CNN berichtete darüber noch am selben Abend», erzählt Köbi Hermenjat noch heute stolz.
Jacques «Köbi» Hermenjat (80) prägte das Swiss Open wie kein anderer. Der Gstaader war an seinem Heimturnier Ballboy, gelegentlich Spieler, Linienrichter, OK-Mitglied und vor allem von 1968 bis 2006 Turnierdirektor. Hermenjat vertrat die Schweiz in den Gremien der Männer-Tour, war ausserordentlich gut vernetzt und ermöglichte mit cleveren Entscheiden zu Beginn der Profi-Ära die grössten Jahre des Swiss Open. 2006 wurde Hermenjat im Unfrieden aus der Organisation gejagt, weil das Turnier finanziell am Boden lag, seither gastierte er nicht mehr am Swiss Open. Zur Jubiläums-Gala wurde er immerhin eingeladen. Hermenjat: «Trotz allem bin ich froh, dass es diesen schönen Anlass immer noch gibt.»