100’000 protestieren gegen Wahlfälschung

Bis zu 100’000 Menschen haben bei den grössten Strassenprotesten von Regierungsgegnern in Russland seit mehr als einem Jahrzehnt Neuwahlen gefordert. Die Demonstranten werfen der Regierung eklatante Fälschungen bei der Parlamentswahl vor.

Wütende Demonstranten in Moskau (Bild: sda)

Bis zu 100’000 Menschen haben bei den grössten Strassenprotesten von Regierungsgegnern in Russland seit mehr als einem Jahrzehnt Neuwahlen gefordert. Die Demonstranten werfen der Regierung eklatante Fälschungen bei der Parlamentswahl vor.

Der nur für 30’000 Menschen zugelassene Platz im Zentrum von Moskau war trotz Kälte und leichten Schneetreibens am Samstag überfüllt. Noch weit nach Beginn der genehmigten Kundgebung in Moskau strömten Tausende zum Versammlungsort auf der Bolotny-Insel im Fluss Moskwa.

Die Polizei sprach von etwa 25’000 Teilnehmern. Die Organisatoren gingen allerdings von bis zu 100’000 Menschen aus, die allein in Moskau gegen den Sieg der von Regierungschef Wladimir Putin geführten Partei Geeintes Russland protestierten.

Auch in zahlreichen anderen Städten kam es zu Protesten gegen das Resultat der Abstimmung vom 4. Dezember. Dabei wurden landesweit dutzende Menschen festgenommen, die sich an nicht genehmigten Aktionen beteiligt hatten.

Neue Massenfestnahmen wie in den Tagen zuvor blieben aber aus. In St. Petersburg demonstrierten etwa 10’000 Menschen friedlich gegen Wahlfälschungen. Bei einer nicht genehmigten Aktion nahm die Polizei allerdings gut ein Dutzend Regierungskritiker fest. Ihnen drohen in Eilverfahren Geldstrafen und bis zu 15 Tage Arrest.

Die Behörden hatten ein hartes Vorgehen gegen unerlaubte Strassenproteste angekündigt. Allein in Moskau waren 52’000 Sicherheitskräfte im Einsatz, die weite Teile der Hauptstadt absperrten.

Keine Neuwahlen

Die nach der Wahl zum Sieger erklärte Partei Geeintes Russland wies die Vorwürfe der Demonstranten zurück. Es sei eine Provokation, dass die Opposition das Wahlergebnis nicht anerkenne und die Menschen auf die Strassen rufe.

Auch die Zentrale Wahlkommission wies Forderungen nach Neuwahlen zurück. Es gebe keinen Grund, das Ergebnis zu überprüfen, sagte der stellvertretende Wahlleiter Stanislaw Wawilow. «Die Wahl ist gültig.»

Resolution verabschiedet

Zur Moskauer Grosskundgebung kamen Menschen jeden Alters und aller Gesellschaftsschichten. Viele Teilnehmer hatten weisse Schleifen an ihre Kleidung geheftet und trugen weisse Blumen – als Zeichen ihrer friedlichen Absichten.

Sie forderten auch die Freilassung politischer Gefangener. Hauptforderung einer am Ende mit tosendem Beifall verabschiedeten Resolution war die nach offenen und fairen Neuwahlen unter Zulassung der Opposition.

«Russland ohne Putin» und «Schande», riefen einige Redner wie der Kremlkritiker und frühere Vize-Regierungschef Boris Nemzow der Menge zu. Auch Moskaus Bürgermeister solle künftig direkt gewählt und nicht mehr vom Präsidenten ernannt werden, forderte der bekannte Krimiautor Boris Akunin.

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