Zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren wegen versuchten Mordes hat das Zürcher Obergericht am Montag einen 28-jährigen Mann verurteilt. Er quälte und würgte im Februar 2009 sein damals noch keine drei Wochen altes Töchterchen fast zu Tode.
Das Obergericht erhöhte damit das Strafmass, das es im Februar 2012 festgelegt hatte, um ein Jahr. Auf Geheiss des Bundesgerichts hatte es sich nämlich ein zweites Mal mit dem Fall zu befassen. Für die Richter in Lausanne war klar, dass es sich nicht um versuchte vorsätzliche Tötung handelte, wie das Obergericht es gesehen hatte, sondern um versuchten Mord.
Die Quälereien erfolgten im Februar 2009. Der junge Mann zweifelte daran, dass er der leibliche Vater des Kindes war. Er steigerte sich in Wut und Eifersucht hinein, die er an dem Baby ausliess.
Als seine Lebenspartnerin und Mutter der Kleinen nicht zuhause war, gab er dem Kind absichtlich einen viel zu heissen Schoppen, der ihm den Mund verbrühte. Als es schrie, traktierte er es derart, dass mehrere Rippen brachen und packte es so grob an den Oberarmen, dass beide brachen. Einmal würgte er das Baby, bis es blau und still war.
Unreife Persönlichkeit
Das Obergericht sprach von einem «nicht mehr leichten Verschulden.» Es sei bloss einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass das Kind nicht gestorben sei. Zu Gunsten des Beschuldigten wertete es, dass dieser sich in einer sehr belastenden, ihn überfordernden Situation befunden habe. Zudem habe er eine unreife Persönlichkeit.
Das Gericht sprach den sehr jung wirkenden Schweizer des Mordversuchs und der mehrfachen einfachen Körperverletzung schuldig. Angesichts des gesetzlichen Strafrahmens für Mord von «10 Jahre bis lebenslänglich» setzte es das Strafmass im unteren Bereich an.
Der Verteidiger hatte eine Strafe von maximal elf Jahren beantragt, der Staatsanwalt eine solche von 16 Jahren. Ob er das jetzige Urteil akzeptiert, ist noch offen.
Erklärungsversuche des Beschuldigten
Der Beschuldigte, der sich im vorzeitigen Strafvollzug befindet und dort eine Therapie absolviert, versuchte am Montag zu erklären, wie es zu den Taten hatte kommen können. Er wolle diese weder entschuldigen noch rechtfertigen, aber heute sehe er klarer als früher.
Er sprach – gespickt mit Fachausdrücken – von Fehlentwicklungen in der Kindheit, von Adoleszenzstörungen, von Regression und chronischer Depression. Zum Tatzeitpunkt hätten seine Verhaltensmuster seine angestaute Wut nicht mehr zurückhalten können.
Gemeinsame Zukunft
In seinem regredierten Zustand sei ihm «jedes Gefühl für Ethik verloren gegangen». Nach der «schockierenden Tat» habe ein starker Verdrängungsmechanismus eingesetzt. Für seine Tat verfluche er sich selbst. Er wolle aber nicht aufgeben und versuchen, bei seiner Tochter «wenigstens etwas wieder gutzumachen».
Seine Partnerin hält nach wie vor zu ihm. Sie kommt den Beschuldigten nach dessen eigenen Angaben regelmässig besuchen. Mit der mittlerweile rund viereinhalbjährigen Tochter habe er telefonischen Kontakt. «Mehr als je zuvor» sehe er eine gemeinsame Zukunft, sagte er.