Rund 200 Personen haben sich am Mittwoch in Payerne VD zu einem Schweigemarsch in Gedenken der getöteten Marie versammelt. Der Marsch startete im Stadtzentrum und führte zum Golfplatz, in dessen Nähe die 19-Jährige am Montag entführt und später ermordet wurde.
Fast alle Teilnehmer des Marsches trugen weisse T-Shirts. Der Zug begab sich in Stille zum Restaurant des Golfplatzes. Zu den Trauernden gehörten Menschen aus der Region sowie Angehörige ??und Freunde von Marie, wie die Polizei von Payerne der Nachrichtenagentur sda berichtete. Beim Golfplatz angekommen legten die Trauernden Kerzen nieder und gedachten des Opfers.
Die Polizei hatte in der Nacht auf Mittwoch die Leiche der 19-Jährigen gefunden. Der Entführer wies der Polizei den Weg zur Leiche, wie Jean-Christophe Sauterel, Mediensprecher der Waadtländer Kantonspolizei, am Mittwoch an einer kurzfristig einberufenen Medienkonferenz bekanntgab.
Die Umstände ihres Todes waren am Mittwochmittag unklar. Die Staatsanwaltschaft ordnete eine Autopsie an. Die Polizei schloss beim jetzigen Ermittlungsstand aus, dass der Täter von einer Schuss- oder Stichwaffe Gebrauch machte. Der Mann konnte am Dienstag im Kanton Freiburg verhaftet und nach Lausanne überführt werden.
Mit Klebeband gefesselt
Er gab zu, die Frau gewaltsam ins Auto gezerrt und entführt zu haben. Er fesselte die Frau mit einem Klebeband. Trotz einem Grosseinsatz der Polizei mit rund 20 Patrouillen blieb das graue Auto des Entführers verschwunden.
Am Dienstag veröffentlichte die Polizei einen Zeugenaufruf sowie Namen und Bilder von Opfer und Entführer, die sich in einer Beziehung befanden. Ein Helikopter konnte das Auto am Dienstagnachmittag im Kanton Freiburg ausfindig machen.
Danach nahmen mehrere Patrouillen die Verfolgung auf. Der Flüchtende durchbrach dabei ein von der Polizei aufgestelltes Nagelbrett und verunfallte. Sein Auto drehte sich aufs Dach. Die 19-jährige Frau befand sich nicht im Auto.
Der 36-Jährige konnte nach dem Unfall vernommen werden und zeigte der Polizei schliesslich den Fundort der Leiche. Der Fall löste landesweit grosse Empörung aus. Beim Entführer handelt es sich um einen verurteilten Mörder und Vergewaltiger.
Er hatte 1998 seine damalige ex-Freundin in ein Chalet nach La Lécherette entführt, vergewaltigt und schliesslich getötet und wurde dafür zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren verurteilt. Einer lebenslänglichen Strafe entging er nur wegen seines jugendlichen Alters von 22 Jahren.
Fussfessel abgestreift
Nachdem er einen Drittel der Strafe abgesessen hatte, befand er sich seit August 2012 im Hausarrest. Dabei musste er eine elektronische Fessel tragen. Er entledigte sich ihrer jedoch kurz nach der Entführung.
Die Fessel zeigte lediglich an, ob er sich innerhalb eines bestimmten Gebiets aufhält, sagte Jacques Antenen, Kommandant der Waadtländer Kantonspolizei. Die Fessel löst ein Signal aus, sobald das festgelegte Gebiet verlassen wird.
Bei der Entführung der jungen Frau wurde der Alarm allerdings nicht ausgelöst weil man annahm, dass der Täter sich auf dem Rückweg von der Arbeit befand, wie Antenen sagte. Das System war nicht mit einem GPS-Sender ausgerüstet.
Die Waadtländer Regierung zeigte sich am Mittwoch erschüttert über den Fall. Es stelle sich die Frage, warum sich ein Sexualstraftäter draussen befand, wie Sicherheitsvorsteherin Jacqueline de Quattro sagte. Man wolle alles unternehmen, damit sich ein solches Drama nicht wiederhole.
Das zuständige Richtergremium hatte eine bedingte Entlassung nach zwei Dritteln der Strafe im Juli 2012 abgelehnt. Im August entschied die Strafvollzugsbehörde, dass der Mann den Rest der Strafe im Hausarrest absitzen kann.
Am 23. November schlug die Bewährungshilfe Alarm, weil der Mann Morddrohungen gegen andere ausgestossen habe. Zudem habe er pornographische Absichten auf einer Internetseite geäussert, die auch Minderjährigen zugänglich war.
Der Hausarrest wurde daraufhin abgebrochen und der Mann noch am 23. November wieder ins Gefängnis gebracht. Er legte dagegen jedoch Rekurs ein. Am 14. Januar wurde diesem Rekurs aufschiebende Wirkung erteilt, worauf der Entführer wieder in Hausarrest kam.
Administrativuntersuchung eingeleitet
Diese Entscheidung erscheine aus heutiger Sicht «unangemessen», räumte Jean-François Meylan, Präsident des Waadtländer Kantonsgericht, vor den Medien ein. Die Justiz müsse sich fragen, ob der Entscheid richtig war.
Aus diesem Grund wurde eine Administrativuntersuchung zum Fall eröffnet. Diese soll von ein externer Experte leiten. Er ist noch nicht bestimmt. Der Bericht soll noch vor den Sommerferien vorliegen.