Wegen des Missbrauchs von 21 Buben droht einem Sozialpädagogen im Kanton Bern die kleine Verwahrung. Staatsanwaltschaft und Verteidigung forderten am Dienstag im Prozess gegen ihn eine mehrjährige Freiheitsstrafe, die zugunsten einer stationären therapeutischen Massnahme aufgeschoben wird.
Das Regionalgericht in Thun wird das Urteil am Mittwoch eröffnen. Folgt es den Anträgen, kann der Mann auf freien Fuss gesetzt werden, wenn die Ärzte dies dereinst aufgrund des Therapieverlaufs für angezeigt halten. Ein Gutachten bescheinigt dem Mann, grundsätzlich therapierbar zu sein.
Der 44-jährige Beschuldigte erhofft sich selber eine kleine Verwahrung und ein Berufsverbot, wie er vor Gericht betonte. Er ist weitgehend geständig, befindet sich im vorzeitigen Massnahmenvollzug und möchte die Anfang des Jahres angetretene Therapie fortsetzen.
Zwar sei die intensive Auseinandersetzung mit den Taten schmerzhafter als eine Gefängnisstrafe. Sie gebe ihm aber die Hoffnung auf ein «zweites Leben». In der Therapie könne er lernen, wie er als Pädosexueller leben könne, ohne jemanden zu schädigen.
Chemische Kastration
Der Mann sagte, er schäme sich zutiefst und bedaure seine Taten. Zwar habe er niemals körperliche Gewalt angewendet, aber er habe die Buben manipuliert und sich wohl nur eingebildet, das Ganze geschehe einvernehmlich. Die Kinder und Jugendlichen hätten vermutlich einfach mitgemacht, weil sie seine Zuneigung nicht verlieren wollten.
Die behandelnde Ärztin ist nach eigenen Angaben «verhalten optimistisch», dass die Therapie erfolgreich verlaufen wird. Wie viele Jahre sie dauern wird, liess die Ärztin offen. Der Mann sei jedenfalls motiviert. Zurzeit spreche man mit ihm auch über eine chemische Kastration.
Pionierarbeit geleistet
Der Mann galt als Pionier der Schulsozialarbeit, wurde von Medien porträtiert und gewann Auszeichnungen. Bei seiner Tätigkeit in den Kantonen Bern, Basel-Land und Solothurn schaute offensichtlich niemand genau hin, wenn der Mann Berufliches mit Privatem vermischte und Buben mit nach Hause nahm.
So kam es zwischen 1998 und 2011 zu den Übergriffen. Zumeist verging sich der Mann in seiner Wohnung oder in Alphütten an den Buben. Zum Teil waren Alkohol und Marihuana im Spiel. Die Opfer waren zwischen achteinhalb und 15 Jahre alt. Pornographische Aufnahmen seiner Opfer gab er im Internet an einen Pädosexuellen in den USA weiter.
Vertrauen missbraucht
Der Angeklagte habe das grosse Vertrauen von Kindern, Eltern und Lehrern missbraucht, sagte die Staatsanwältin. Er habe seine Fähigkeit, mit schwierigen Kindern umzugehen, schamlos ausgenutzt.
Für die Staatsanwältin ist in mehreren Fällen der Tatbestand der sexuellen Nötigung erfüllt. Der Beschuldigte habe in diesen Fällen sehr wohl Gewalt angewendet. Einer der Buben habe sich nicht mehr wehren können, weil er betrunken und bekifft gewesen sei. Eine Freiheitsstrafe von acht Jahren sei angemessen.
Der Verteidiger räumte ein, all die Übergriffe seien «schrecklich und unfassbar». Körperliche Gewalt sei aber nie im Spiel gewesen. Eine Freiheitsstrafe von maximal sechseinhalb Jahren wegen sexueller Handlungen mit Kindern, Schändung und Pornografie sei angemessen.