Guatemala trauert: Bei einem Brand in einem Kinderheim sind mindestens 29 Mädchen ums Leben gekommen. Dutzende weitere junge Menschen wurden laut Behörden mit teils lebensbedrohlichen Verletzungen behandelt.
Medienberichten zufolge war in der Nacht eine Revolte gegen mutmasslichen sexuellen Missbrauch durch das Personal sowie schlimme Lebensbedingungen ausgebrochen.
Zuvor war von 22 Toten die Rede gewesen, laut Behördenangaben handelte es sich um Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren. Sieben weitere Verletzte seien ihren schweren Verbrennungen erlegen, teilten die Spitäler San Juan de Dios und Roosevelt am Donnerstag in Guatemala-Stadt mit.
Den Jugendlichen sei gerade das Essen serviert worden, als einige von ihnen eine Matratze angezündet hätten, sagte ein für Kinderrechte zuständiger Staatsanwalt, Abner Paredes. «So wurde das Feuer ausgelöst.» Die meisten Leichen waren laut Staatsanwaltschaft vollständig verkohlt.
Angst und Ungewissheit
Präsident Jimmy Morales ordnete in einer Fernsehansprache drei Tage Staatstrauer an. Der Leiter des staatlichen Heims etwa zehn Kilometer östlich von Guatemala-Stadt sei entlassen worden. Vor dem Drama habe es noch Anordnung gegeben, wegen der Überfüllung einige Kinder in andere Einrichtungen zu überweisen, sagte der Staatschef.
Voller Angst warteten am Mittwochnachmittag Angehörige auf Nachrichten über das Schicksal von betroffenen Familienmitgliedern. «Sie wollen keine Informationen geben», sagte die 22-jährige Rosa Aguirre, die ihre beiden 13 und 15 Jahre alten Schwestern und ihren 17 Jahre alten Bruder vermisste. Sie berichtete, es habe häufig Schlägereien in dem Heim gegeben. Ihr Bruder sei mehrfach allein in eine dunkle Zelle gesteckt worden.
In der Nacht hielten Menschenrechtsaktivisten Mahnwachen mit Kerzen vor dem Unglücksort sowie auf dem grössten Platz in Guatemala-Stadt. Blumen wurden im Gedenken an die Opfer niedergelegt.
Das Feuer war in der Nacht im Mariä-Himmelfahrt-Heim in San José Pinula ausgebrochen. Nach Feuerwehrangaben wurden die Verletzten mit Verbrennungen ersten, zweiten und dritten Grades in Spitäler der Hauptstadt gebracht.
Gewalttätiges Klima
In der 2006 gebauten, vom staatlichen Wohlfahrtdienst überwachten Einrichtung lebten Minderjährige, die in ihren Familien misshandelt wurden oder auf der Strasse lebten. Vorgesehen war das Heim für 400 Bewohner, jedoch waren fast doppelt so viele dort untergebracht.
Ein Ex-Mitarbeiter der Einrichtung, Angel Cardenas, bezeichnete das Heim als «Zeitbombe». Das Klima dort sei gewalttätig gewesen. Er habe die Behörden mehrmals wegen der Zustände in dem Heim gewarnt.
Der für den Schutz von Kindern zuständige Staatsanwalt Harold Flores sagte dem Radiosender Emisoras Unidas, seit vergangenem Jahr habe es verstärkt Beschwerden gegeben, Bewohner des Heims seien vor sexuellem Missbrauch geflohen. Zur Klärung der Brandursache und der Verantwortlichen des Unglücks sei eine Untersuchung eingeleitet worden.
UNICEF sprach von einer «Tragödie». Die Kinder und Jugendlichen in dem Heim «müssen geschützt werden», erklärte das UNO-Kinderhilfswerk im Kurzbotschaftendienst Twitter. Guatemalas Parlament hielt eine Schweigeminute für die Brandopfer ab.
Eine Staatsanwältin für Kinderrechte, Hilda Morales, erklärte, sie werde die Schliessung des Heims verlangen. Die Mitarbeiter, die ihre Pflicht vernachlässigt hätten, sollten strafrechtlich verfolgt werden.