500-Millionen-Hilfspaket für Landwirte – Bauernproteste in Brüssel

Die EU-Kommission hat am Montag in Brüssel ein 500 Millionen schweres Hilfspaket für die EU-Bauern angekündigt. Sie reagierte damit auf den starken Preiszerfall bei Milch und anderen Agrarprodukten wie Schweinefleisch.

Bauern protestieren in Brüssel gegen den Preiszerfall: Ein Mann schleudert eine Flasche in Richtung der Polizisten. (Bild: sda)

Die EU-Kommission hat am Montag in Brüssel ein 500 Millionen schweres Hilfspaket für die EU-Bauern angekündigt. Sie reagierte damit auf den starken Preiszerfall bei Milch und anderen Agrarprodukten wie Schweinefleisch.

EU-Vize-Kommissionspräsident Jyrki Katainen erklärte, die 500 Millionen Euro seien als Soforthilfe gedacht. Damit zeige die EU-Kommission, «dass sie ihre Verantwortung gegenüber den Bauern ernst nimmt». Katainen sprach vor den EU-Agrarministern, die am Montag zu einem Sondertreffen zusammenkamen.

Hilfe bei finanziellen Engpässen

Konkret will die EU-Kommission Bauern unterstützen, die zurzeit unter einem finanziellen Engpass leiden – etwa in Form von zinsgünstigen Darlehen. Sie will zudem direkte Einkommenshilfen an Landwirte früher auszahlen, also schon Mitte Oktober statt Anfang Dezember.

Im Weiteren will Brüssel mit dem Geld den Markt stabilisieren und das Funktionieren der Lieferkette sicherstellen. Mit Werbekampagnen will Brüssel zudem die Exporte ankurbeln.

Solche Massnahmen forderten auch die EU-Agrarminister. Brüssel solle «kurzfristig flüssiges Geld zur Verfügung stellen, wo Not am Mann oder Not an der Frau ist», sagte der deutsche Agrarminister Christian Schmidt vor dem Treffen. Zudem müsse die EU-Kommission eine Exportoffensive starten und «den Markt auf richtige Füsse stellen.» Die EU sollte die private Einlagerung von Milchprodukten – etwa durch Molkereien – finanziell stärker fördern.

Russland-Embargo wirkt sich aus

Der österreichische Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter forderte gar eine Anhebung des Interventionspreises, bei dem der Staat als Käufer auftritt und damit das Angebot künstlich verknappt, von 20 Cent auf 25 Cent je Kilogramm Rohmilch. Die EU-Kommission sprach sich dagegen aus.

Auch ist Brüssel gegen eine temporäre Mengenbegrenzung der Milchproduktion mit Quoten. Im Vorfeld hatte es Spekulationen dazu gegeben. Die Landwirtschaftsminister dürften jedoch auf der Linie der EU-Kommission bleiben. Der deutsche Minister sprach sich jedenfalls ebenso dagegen aus wie sein französischer Amtskollege Stéphane Le Foll.

Viele Bauern leiden zurzeit unter dem Russland-Embargo. Moskau hatte als Reaktion auf die EU-Sanktionen im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise den Import vieler Lebensmittel aus der EU eingeschränkt.

Stark unter Druck sind neben den Schweinefleisch-, Gemüse- und Obstproduzenten vor allem Milchbauern. Sie leiden zusätzlich unter einer abgeschwächten Nachfrage aus China. Ausserdem tun sie sich schwer mit der per 1. April abgeschlossenen Milchmarkt-Liberalisierung.

Gewalttätige Ausschreitungen

Vor und während des Sondertreffens der EU-Agrarminister demonstrierten Tausende Landwirte mit Traktoren und ohrenbetäubenden Hupkonzerten für mehr Unterstützung der Politik.

Im EU-Viertel demonstrierten die Milchbauern vom European Milk Board (EMB), dem europäischen Milchverband. Er setzt sich ein für ein Kriseninstrument zur Reduktion der Milchproduktion. Die Idee ist, dass die Milchbauern gegen den Verzicht von Milchproduktion einen Bonus erhalten sollen.

Von Exportfördermassnahmen oder zinsgünstigen Darlehen, wie es die EU-Kommission vorschlägt, hält das EMB jedoch nichts – im Gegensatz zu Copa-Cogeca, dem in Brüssel beheimateten Zusammenschluss zwischen dem Dachverband der Landwirte und dem europäischen Dachverband der landwirtschaftlichen Genossenschaften. Die Vorschläge Brüssels entsprechen teilweise den Vorstellungen von Copa-Cogeca.

Da sich die Forderungen der beiden Bauern-Institutionen unterscheiden, marschierten diese denn auch getrennt. Bei beiden Demonstrationszügen kam es jedoch zu gewaltsamen Ausschreitungen.

Die Bauern bewarfen die Polizisten mit Kartoffeln, Flaschen sowie Pflastersteinen, zündeten Rauchpetarden und schoben mit Traktoren brennende Autoreifen in Richtung der Strassensperren. Die Polizei reagierte mit dem Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern.

Die protestierenden Bauern stammen aus ganz Europa – vor allem aus Deutschland, Frankreich, Holland und Belgien. Auch eine Delegation aus der Schweiz – von BIG-M und Uniterre – nahm an der Demonstration teil. Insgesamt demonstrierten rund 6000 Bauern in Brüssel.

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