7 Filme über Sklaverei

Steve McQueen hat mit seinem dritten Spielfilm «12 Years A Slave» die Sklavendebatte wieder angeheizt. Es würden kaum noch Filme zum Thema gedreht, sagte der Regisseur. Das war nicht immer so – hier eine Liste über Sklaverei im Film. Steve McQueen hat mit seinem dritten Spielfilm «12 Years A Slave» die Sklavendebatte wieder angeheizt. In […]

Steve McQueen hat mit seinem dritten Spielfilm «12 Years A Slave» die Sklavendebatte wieder angeheizt. Es würden kaum noch Filme zum Thema gedreht, sagte der Regisseur. Das war nicht immer so – hier eine Liste über Sklaverei im Film.

Steve McQueen hat mit seinem dritten Spielfilm «12 Years A Slave» die Sklavendebatte wieder angeheizt. In Interviews prangert der britische Regisseur den Umgang der USA mit dem Thema an – es sei noch zu sehr tabu, was man unter anderem daran merke, dass kaum noch Filme darüber gedreht würden. Das war nicht immer so – hier die Liste der TagesWoche über Sklaverei im Film.

1. The Birth of a Nation (1915)

«The Birth of a Nation» von David Wark Griffith war einer der ersten monumentalen Historienwerke der Filmgeschichte und hat Massstäbe gesetzt: Massenszenen, Nachtaufnahmen, Filmmusik, innovative Kameraperspektiven – kein Werk der Stummfilmzeit hat mehr Geld eingespielt und wurde von einem grösseren Publikum gesehen als das Epos über den US-amerikanischen Bürgerkrieg, zudem war «The Birth of a Nation» der erste Film, der im Weissen Haus dem amtierenden US-Präsidenten vorgespielt wurde. Griffiths Epos war allerdings auch ein Werk seiner Zeit: die Geschichte von zwei Familien, die vom Bürgerkrieg entzweit werden, pflegt einen unverhohlenen rassistischen Unterton, sobald die Afroamerikaner ins Bild rücken. Die Sklaverei, 1915 seit längerem offiziell abgeschafft, wird unkritisch und romantisiert ins Bild gesetzt, Schwarze als triebgesteuerte, marodierende Banden erniedrigend klischiert, die Rolle des Ku-Klux-Klans als Beschützer des puritanischen, weissen Amerikas gegen die befreiten Sklaven verklärend erhöht. Die Folgen: Afroamerikanische Organisation verurteilten den Film quer durchs Land und riefen zum (erfolglosen) Boykott auf, und im Süden der USA liess der Wanderprediger William Joseph Simmons, beeindruckt vom Film, den Ku-Klux-Klan neu aufleben – und etablierte ihn von einer regionalen paramilitärischen Einheit, die beinahe in Vergessenheit geraten war, zu einem national einflussreichen Geheimbund. «The Birth of a Nation» stand am Anfang dieser Entwicklung, wie Simmons selbst zugab, und der Film sollte jahrzehntelang der erfolgreichste Film der USA bleiben – bis er von einem anderen Historienstoff zum Sezessionskrieg abgelöst wurde: «Gone with the Wind».

Zum ganzen Film geht’s hier

2. Uncle Tom’s Cabin

Kein Roman hat das Schicksal der afroamerikanischen Sklaven populärer gemacht als die Geschichte vom devoten Sklaven Tom: «Uncle Tom’s Cabin», geschrieben von Harriet Beecher Stowe in den 1850er Jahren, erzählt die Geschichte des Sklaven Tom, der an verschiedene weisse Herren verkauft wurde, von seiner Familie getrennt und schliesslich beim sadistischen weissen Plantagenbesitzer Simon Legree landete. Als einige von Legrees Sklaven die Flucht ergreifen und Tom sich weigert, ihren Zielort zu verraten, wird er von Legrees Männern zu Tode geprügelt. «Onkel Toms Hütte» erzählt eine Geschichte von Loyalität, Standhaftigkeit und Märtyrertum, die politische Folgen hatte: Sie gab der Bewegung der Sklavenbefreiung grossen Aufschwung, der schliesslich 1861 in den Bürgerkrieg der Süd- gegen die Nordstaaten mündete. Eine Anekdote, die aus einer Begegnung Stowes mit US-Präsident Lincoln im ersten Kriegsjahr überliefert ist, verdeutlicht die Bedeutung des Buches: «Das ist also die Dame, die den grossen Krieg entfacht hat», soll Lincoln zu ihr gesagt haben. 
Die Filmfassungen liessen nicht lange auf sich warten: die Premiere kam 1903, in der Fassung von 1914 spielte erstmals ein Afroamerikaner die Hauptrolle, eine Neuverfilmung von 1927 stellte erstmals die Brutalität der Sklaverei dar (und wurde anschliessend von der Produktionsfirma zensiert, um das Publikum der Südstaaten nicht gegen den Film aufzubringen). Danach ebbte das Interesse der Filmemacher an Stowes Stoff ab: 1965 erschien eine deutsche Verfilmung, 1987 eine amerikanische Fernsehproduktion. Trotz dem weithin bekannten Stoff, und trotz dem Faible der Hollywood-Studios für Remakes wurde die Geschichte vom Sklaven Tom seither nicht mehr angerührt, und die Gründe scheinen eindeutig: Stowes Buch erntete bereits in den Jahren nach der Erstpublikation Kritik für die christlich inspirierte Darstellung des Sklaven Tom als duldsamer, züchtiger, unterwürfiger Schwarzer, für den sich eine paternalistische Aufsicht anbot. Im 20. Jahrhundert und durch die Entstehung von Schwarzenbewegungen ist die Figur des Onkel Tom als «Uncle Tom Nigger» zum beschimpften Symbol derjenigen Schwarzen geworden, die sich ins dominierte weisse Amerika fügten, anstatt für ihre Rechte zu kämpfen. Diese Vorbehalte haben mit dem Buch überlebt.

3. Roots (1977)

«Roots» ist kein Kinofilm, sondern eine Miniserie, produziert fürs amerikanische Fernsehen. Aber «Roots» war mit mehreren Emmy- und Golden-Globe-Auszeichnungen derart erfolgreich, dass ihr Bekanntheitsgrad erhalten geblieben ist und nach einer jahrzehntelangen Pause erstmals das Los der schwarzen Sklaven wieder für ein breites amerikanisches Publikum aufbereitet hat. «Roots» handelt vom 17-jährigen Mandingo, der aus einem Dorf in Gambia verschleppt, nach Nordamerika verfrachtet und auf dem Sklavenmarkt verkauft wird. Die Serie verfolgt die Geschichte seiner Nachkommen bis zum Ende des Bürgerkriegs, wo die Familie ein Grundstück in Tennessee erwirbt und sich in die Freiheit aufmacht. «Roots» ging mit der Historie nicht ausgesprochen präzise um und verschweigt beispielsweise die Tatsache, dass ein Grossteil der afrikanischen Sklaven von verfeindeten Stämmen an Weisse verkauft wurde. Die expressiv zur Schau gestellte Brutalität der Plantagenbesitzer (zuungunsten eines ebenfalls entwürdigenden, jedoch weniger gewalttätigen Paternalismus) hat das Leid der ersten Generationen der Afroamerikaner schockartig ins Bewusstsein gerufen. Seither ist das Motiv des ungesühnten Unrechts die Rahmung jeder Hollywood-Produktion, die die Sklaverei zum Thema hat.

4. Amistad (1997)

Von 1839 bis 1841 wurden am Obersten Gerichtshof der USA die «Amistad-Prozesse» verhandelt, benannt nach dem gleichnamigen Sklavenschiff: mehrere westafrikanische Sklaven erreichten, nach einer Meuterei gegen die Sklavenhalter an Bord, selbständig die amerikanische Küste, wo sie wegen Meuterei von der US-Marine verhaftet wurden. Was mit ihnen geschehen sollte – und wer das Eigentumsrecht über die herrenlosen Sklaven geltend machen dürfe, sollte das Gericht entscheiden. Der Supreme Court sprach den Sklaven ihr Recht auf persönliche Freiheit zu und entliess sie damit in die Freiheit – ein wegweisendes Urteil für die Abschaffung der Sklaverei 1865. Steven Spielberg verfilmte den Stoff 1997 als humanistisch-effektreiches Epos auf Kosten einer mehrschichtigen Charakterausstattung: die Gegner der Sklaverei zeichnet er als idealistisch Getriebene, die Händler als skrupellose Schacherer – und den Sklaven Sengbe Pieh vom Volk der Mende als gutmütigen, hilflosen, schutzbedürftigen «Wilden» unter Menschen, deren Sprache er nicht versteht, und der nur eines will: zurück nach Hause. Und in dieser kindlichen Darstellung damit bedenklich an eine von Spielbergs früheren, erfolgreichsten Figuren erinnert: E.T.

5. Beloved (1998)

Ein Jahr nach «Amistad» kam «Beloved» in die Kinos – und Regisseur Jonathan Demme («Das Schweigen der Lämmer») machte einiges anders als Spielberg. Er verzichtete auf die überzeichnete Heroisierung und ging den psychischen Folgen der Sklaverei auf den Grund. Der Film folgt der Geschichte der ehemaligen Sklavin Sethe, basierend auf einem Roman von Toni Morrison und dargestellt von der amerikanischen Talkkönigin Oprah Winfrey, und zeigt in Rückblenden ihre grausame Vergangenheit: Sie verlor eines ihrer Kinder, das später als Geist und als Reinkarnation vermeintlich wiederkehrt. Mit Mitteln des Horrorfilms gräbt sich Demmes Film tief ein in die Psyche der früheren Sklavin, zeigt ihre seelischen wie körperlichen Wunden und zeigt, wie straff die sozialen Spannungen innerhalb der afroamerikanischen Gesellschaft nach dem Ende der Sklaverei sind.

6. Django Unchained (2012)

Ein freigelassener Sklave nimmt Rache: Django (Jamie Foxx) begibt sich mit seinem ehemaligen Herrn Dr. King Schultz (Christoph Waltz) einen Winter lang auf Kopfgeldjagd. Im Gegenzug hilft ihm der deutschstämmige Schultz, Djangos Frau Broomhilde, ebenfalls als Sklavin verkauft, zu finden. Quentin Tarantino hat mit Foxx, Waltz, Leonardo DiCaprio als zynischem Plantagenbesitzer Calvin Candie und Samuel L. Jackson als hoffärtigen, seinem Herrn loyalen Haussklaven ein brillantes Starensemble für einen etwas lange geratenen Film versammelt, in dem reichlich Blut zwischen den gewohnt schnittigen Dialogen spritzt. «Django Unchained» erinnert deutlich an die Italo-Western, deren Ästhetik Tarantino zitiert und die vom Kontrast zwischen finsterem Gesellenstück und pompöser, opernhafter Inszenierung leben, ohne ihnen jedoch gleichzukommen.

7. Spartacus (1960)

Der berühmteste Sklave der Geschichte ist kein Schwarzer mit afrikanischen Wurzeln, hat nie auf einem Baumwollfeld oder auf einer Südstaaten-Ranch gearbeitet, und stirbt am Ende am Kreuz: Spartacus (Kirk Douglas). Der thrakische Sklave beginnt einen Aufstand, bringt mit anderen Sklaven die Aufseher in ihre Gewalt und stellt ein Heer auf zur Revolte gegen Rom. «Spartacus» ist ein klassischer Genrefilm und gehört in die Hochzeit der Monumentalfilme mit Rückgriff auf die Antike. Entsprechend zählte ihn Regisseur Stanley Kubrick, der für einmal nicht als Produzent seines eigenen Werks amtete, nicht zu seinen bedeutenden Arbeiten. Erst 1992, als die ungekürzte Originalfassung ins Kino kam, traten einige von Kubrick ausgestaltete Nuancen stärker hervor, insbesondere die angedeutete Bisexualität im antiken Rom. «Spartacus» war mit vier Oscars und einem Golden Globe überaus erfolgreich, setzte in seiner zur Schau gestellten Brutalität neue Massstäbe – und lieferte den düsteren Topos für weitere Sklavenfilme, ob mit antikem oder neuzeitlichen Hintergrund: Freiheit finden die Geknechteten nur im Tod, in den sie für zukünftige Generationen gehen. Am Ende, als Spartacus in seinen letzten Atemzügen am Kreuz hängt, hält ihm die freigelassene Sklavin Varinia (Jean Simmons) ein Kind entgegen: seinen Sohn, geboren als freier Mensch.  

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