7 musikalische Biopics, die man gesehen haben muss

Das Leben von James Brown wird seit Donnerstag in den Basler Kinos gezeigt. Der Musiker, der zur Ikone wird – ein beliebtes Filmthema, wie unsere Liste an Biopics zeigt: von «Walk the Line» bis zu «Notorious». 7 musikalische Biopics, die man gesehen haben muss. Seit diesem Wochenende ist auch der «Godfather of Soul» James Brown […]

Das Leben von James Brown wird seit Donnerstag in den Basler Kinos gezeigt. Der Musiker, der zur Ikone wird – ein beliebtes Filmthema, wie unsere Liste an Biopics zeigt: von «Walk the Line» bis zu «Notorious». 7 musikalische Biopics, die man gesehen haben muss.

Seit diesem Wochenende ist auch der «Godfather of Soul» James Brown (1933 – 2006) als Legendenfigur à la Hollywood aufbereitet: «Get On Up» läuft seit Donnerstag in den Basler Kinos und versucht, ein bewegtes Künstlerleben in einem zweistündigen Erzählfaden festzuschnüren. Der Musiker, der zur Ikone wird – ein beliebtes Filmthema, wie die folgende Liste an Biopics zeigt.

«Walk The Line» (2005)

Die küchenpsychologische Variante: «Walk The Line», der Film zur prägenden Dekade der Karriere des «Man In Black» Johnny Cash, verdichtet die Extreme der Karriere dieser Country-Ikone: Drogenmissbrauch und Familienzerrüttung, religiöse Erweckung und überbordendes Gangfeeling, befeuert von einer explosiv verlaufenden Erfolgskurve. Cash, gespielt von Joaquin Phoenix, kommt mit seinem frühen Ruhm schlecht zurecht, ruiniert zuerst seine Ehe und danach fast seine Karriere, bis ihm die Kindheit zu Hilfe kommt. Sein älterer Bruder, zu dem er stets hinaufgeschaut hatte, stirbt bereits im jungen Teenageralter, der jüngere lädt die Schuld auf sich. Daran zerbricht er fast, bis ihm, in der tiefen Hoffnungslosigkeit angelangt, der Bruder als Eingebung noch einmal erscheint, ihm Absolution erteilt und auf den Weg zurück führt. 

Einen ähnlichen Ansatz wählten die Macher von «Ray», das Biopic zu Ray Charles. Hier muss Charles noch im Knabenalter zusehen, wie sein jüngerer Bruder vor seinen Augen ertrinkt. Darauf verliert er sein Augenlicht, und die Mutter schärft ihm ein, dass er trotz des Handicaps und der Schuldlast in seiner eigenen Welt der Beste sein könne. Das nimmt er sich zu Herzen, suggeriert der Film. So entstehen Legenden – und schliesslich Blockbuster.

 

«I’m Not There» (2007)

Bob Dylan hat in seiner langen Karriere viele Gesichter gezeigt, und der Regisseur Todd Haynes hatte eine überzeugende Idee, dieses Chamäleon des US-Folk in seinem Biopic «I’m Not There» darzustellen: Er löste den Menschen Dylan auf in sechs verschiedene Rollen, die sechs verschiedene – biografische wie mit seinen Songs geschaffene – Inkarnationen zeigten. «I’m Not There» hat alle Konventionen des klassischen Hollywood-Biopics über den Haufen geworfen und anstatt einer stringenten Tellerwäscher-Biografie eine entkernte Persönlichkeit dargestellt – und zwar so radikal, dass er gleich sechs verschiedene Darsteller wählte. Richard Gere als gealterter Cowboy-Outlaw, Ben Whishaw als etwas verstrahlter Poet, Christian Bale als umjubelter Protestfolksänger. Den Höhepunkt der Zersplitterung stellte Cate Blanchett als elektrifizierter Dylan der Sechziger Jahre dar: Ein flamboyanter Dandy und zorniger Protopunk, der nervös an der Zigarette zieht. Die Wahl Blanchetts, denjenigen Dylan darzustellen, der sich von der akustischen zur elektrischen Gitarre hinwandte, war ein treffender Zug Haynes: Wie Dylan sich des Authentizitätszwangs seiner Folk-Herkunft entschälte, brach Haynes mit einer narrativ geschlossenen Figurenzeichnung. Ein ganz und gar unklassischer Biopic, schon allein deshalb, weil sein Objekt noch am Leben war. Dylan selbst soll den Film übrigens gemocht haben: «Ich denke nicht, dass der Regisseur sich darum geschert hat, ob die Leute den Film verstehen werden. Er wollte wohl einfach einen guten Film machen.»

«Control» (2007)

Der Archetyp des Musikers, der zur Legende wird: stilistischer Pionier, gebrochene Persönlichkeit, früher Tod. Vereint in Ian Curtis, Sänger der epochalen und früh verstummten Joy Division, deren Rest später als New Order wieder auferstand. Anton Corbijn, der stilbildende Rockfotograf, der unter anderem wegen Bands wie den Postpunk-Pionieren Joy Division als junger Mann seine niederländische Heimat verliess und nach England ging, hat Curtis seiner ersten Regiearbeit «Control» ein stilistisch akkurates Denkmal gesetzt. Corbijn interessierte sich weniger für die mythischen Aspekte um die psychischen und gesundheitlichen Probleme Curtis‘ (er litt früh an Drogenmissbrauch und erkrankte an Epilepsie), die schliesslich in seinen frühen Freitod mündeten, als er sich 1980, im Alter von 24 Jahren am Vorabend der ersten US-Tour von Joy Divison erhängte. Stattdessen umkreist Corbijn die Figur, betastet die Widersprüche zwischen kleinbürgerlicher Reihenhausatmosphäre in Manchester und den hellen wie dunklen Seiten des schnellen Aufstiegs zum Rockstar im Untergrund. Das unkontrollierbare Chaos, das sich aus diesen beiden Welten ergibt, verstärkt durch die labile Persönlichkeit Curtis‘, gibt Corbijns Schwarzweiss-Hommage den utopischen Titel: «Control», Kontrolle war nicht zu haben in diesem kurzen Leben, einzig an dessen Ende.

 

 «Gainsbourg (vie héroïque)» (2010)

Der Titel passt zur Poesie des Chansonniers, kann er doch doppeldeutig und ironisch verstanden werden. Wer Serge Gainsbourg, Genie und Agent Provocateur, als Helden sehen will, dann auch als tragischen. Die Zerrissenheit, die ihm eigen war (und die er u.a. in «Docteur Jekyll et Monsieur Hyde» besang), hat Regisseur Joann Sfar originell umgesetzt: Er stellt dem Hauptdarsteller eine Karikatur zur Seite, einen Mephisto, der ihn verführt und ihm Provokationen einflüstert. «La gueule», die Fresse, heisst das Alter Ego, das auf Gainsbourgs Komplex – er fand sich hässlich – anspielt. Der Einsatz der Puppe ist ein gelungener Kniff, der die Herkunft des Regisseurs andeutet: Sfar ist als Comiczeichner bekannt. Der Film zeigt die Entwicklung des schüchternen Lucien Ginsburg, der als Kind die Nazis in Paris einmarschieren sieht, bis zum sperrigen Charakterkopf und dauerbetrunkenen Homme terrible, dem «Gainsbarre». Der Film hält die Erinnerung an den Künstler aufrecht und geht zugleich als kleines Kunstwerk durch; das spricht für eine würdige Umsetzung.

 

«Nowhere Boy» (2010)

John Lennon aus Liverpool ist ein Grossmaul und Schlitzohr. Ein Teenie, der nur Flausen, Mädchen und Musik im Kopf hat. «Du steuerst ins Nirgendwo», warnt ihn der Rektor. Trotzig die Antwort: «Das Nirgendwo ist die Heimat der Genies. In dem Fall gehöre ich wohl dahin, Sir.»

Hin und hergerissen zwischen seiner überdrehten Mutter und seiner eigentlichen Erzieherin, der steifen Tante Mimi, wirkt der Junge orientierungslos. Einzigen Halt scheint ihm die Musik zu geben. Seine Band, deren Name nicht einmal fällt. Filmregisseurin Sam Taylor-Wood ist es gelungen, einen ergreifenden Film über John Lennon zu drehen, ohne dass der Begriff Beatles auch nur einmal vorkommt. Ziemlich überraschend. Und ziemlich überzeugend. Denn «Nowhere Boy» skizziert deren Vorgeschichte, ist in erster Linie ein berührendes Familiendrama und ein Sittenporträt der 50er-Jahre. Widersprüche, Spannungen, Songideen und Fixierungen des späteren Superstars John Lennon werden in «Nowhere Boy» auf ihre Ursprünge zurückgeführt. Dass dabei nicht alle Filmszenen der exakten biografischen Wahrheit entsprechen, dürfte einzig Puristen stören.

«What’s Love Got To Do With It» (1993)

Ja,was hat das nur mit Liebe zu tun? Junges Mädchen wird zurückgelassen, als die Mutter verschwindet, wird als junge Frau vom renommiertesten Bandleader der Stadt unter Vertrag, Fittiche und in den Ehebund genommen, wo er sich als Tyrann und Sadist herausstellt, der seiner Frau das zunehmende Rampenlicht neidet und sie über Jahre misshandelt, während für die Öffentlichkeit die Ehe als Musikkarriere herausgekehrt wurde. Das ging nicht lange gut, doch erst nach einem buddhistischen Erweckungserlebnis wagte sich Tina Turner (gebürtig Anne Mae Bullock) vors Scheidungsgericht, wo sie alle Früchte ihres bisherigen Erfolgs verlor – ausser ihren Namen. Ike & Tina Turner, die in den Sechzigern so aufregend Rock’n’Roll, Soul und Gospel verschmolzen, waren nicht mehr – und Tina Turner musste danach eine Weile in der C-Klasse untendurch, bevor ihr die eindrückliche Solokarriere in den Achtziger Jahren doch noch gelang. Das liess sich schon vor dreissig Jahren in ihrer Autobiografie nachlesen, als sie ihre Zweitkarriere gerade erst lancierte, und derjenige Titel, der ihr dazu verhalf, gab auch der Verfilmung den Namen: «What’s Love Got To Do With It», als Song wie als Film eine doppelte Abrechnung mit ihrem Ex-Mann.

 

«Notorious» (2009)

Ihnen verdankte der Hardcore Rap seine bahnbrechendste Zündung: Christopher Wallace natürlich, der als Notorious B.I.G. mit den beiden Platten «Ready To Die» und «Life After Death» in den Neunzigern den Streetrap zur fortan erfolgreichsten Gattung des Genres hoch katapultierte, vor allem aber Sean Combs. Der produzierte – als Puff Daddy – die Platten von «Biggie», der schob nach dessen gewaltsamen Tod zusammen mit Biggies Witwe Faith Evens die so andächtige wie rührselige, vor allem aber immens erfolgreiche Gedenksingle «I’ll Be Missing You» nach, und er produzierte, zehn Jahre nach dem Tod von Notorious B.I.G., diesen Film. Denn die Geschichte ist zu passend, um nicht als konformes Biopic erzählt zu werden: Übergewichtiger Junge wächst unter zerrütteten Familienverhältnissen im New Yorker Ghetto auf, ist hochintelligent, verkauft früh Drogen, lernt Knast und Knarren kennen – und  macht schliesslich eine bahnbrechende Karriere, als er über sein bisheriges Lebens zu rappen beginnt. Bis ihm eines abends an einer Strassenkreuzung die Rivalen von der Westcoast auflauern und mit fünf Schüssen seine Karriere jäh beenden. Auch den Beef zwischen West- und Eastcoast spart der Film nicht aus, zu dessen prominenten Opfern neben B.I.G. Tupac Shakur gehört. Wie sehr Biggie tatsächlich involviert war, als aus Reim-Battles Morde wurden, wurde nie wirklich geklärt, im Film von seinem alten Weggefährten Combs wird er als unbeteiligtes bis ahnungsloses Opfer dargestellt. Wie für alle Biopics gilt auch für diesen: De mortuis nihil nisi bene.

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