7 x 007

Vor 50 Jahren jagte James Bond den bösen «Dr. No» über die Leinwand. Am 1. November ist Daniel Craig als Geheimagent 007 in «Skyfall» zu sehen. Wir lassen die sieben besten Missionen Revue passieren. Vor fünfzig Jahren gab es Ärger auf Jamaika. Ein Geheimagent verschwand spurlos, ungeklärte Energiewellen störten amerikanische Raketenmanöver, auf einer abgeriegelten Insel […]

Vor 50 Jahren jagte James Bond den bösen «Dr. No» über die Leinwand. Am 1. November ist Daniel Craig als Geheimagent 007 in «Skyfall» zu sehen. Wir lassen die sieben besten Missionen Revue passieren.

Vor fünfzig Jahren gab es Ärger auf Jamaika. Ein Geheimagent verschwand spurlos, ungeklärte Energiewellen störten amerikanische Raketenmanöver, auf einer abgeriegelten Insel brodelte ein unheilvoller Atomreaktor. Ein anderer Geheimagent, ein Brite, musste hin, schlug alles kurz und klein und warf den Bösen in den radioaktiven Sumpf, dazwischen gab es Sex, Spinnen, Schiessereien. So rettete James Bond in «Dr. No» am 5. Oktober 1962 in groben Zügen erstmals die Welt, und in groben Zügen ist damit die Bond-Formel erklärt, die mit «Skyfall» am 1. November zum 23. Mal als Variation ins Kino kommt. 

Keiner hat häufiger in der Geschichte des Kinos seine Knochen für den Status Quo der Welt hingehalten, keiner hat länger überlebt, und keine Figur hat eine vergleichbare Wandlungsfähigkeit bewiesen, ohne an Erkennbarkeit zu verlieren. Bond-Filme waren manchmal zynisch brutal und subversiv, manchmal stockkonservativ, peinlich kolonialistisch und unverhohlen zeitgeistig. Und manchmal waren sie schlicht prächtiges Mainstreamkino mit allem, was grosse Jungs ersehnen: Autos, Knarren, Frauen. In wenigen Wochen geht die Serie weiter – gerade noch genügend Zeit für die sieben besten Missionen von James Bond.

1. From Russia With Love (1963)

Sean Connerys zweiter Auftritt als James Bond näherte sich dem Kalten Krieg so raffiniert an wie kein weiterer Film der Reihe. Russische Agenten und mysteriöse Dechiffriermaschinen traten auf, es gab Stellvertretergefechte der Mächte mit Türken und Bulgaren, und Bond bändelte mit einer Technikerin des sowjetischen Konsulats an. Der Film, laut Connery der beste, in dem er 007 spielte, stabilisierte ausserdem die in «Dr. No» nur erst oberflächlich umrissenen Grundzüge der Reihe. Erstmals eröffnete ein Vorspann mit einem Titelsong den Film, Desmond Llewelyn hatte seinen ersten Auftritt als Q und beglückte 007 mit einem als Aktenkoffer getarntes Gewehr, der durchtrainierte Kämpfer Connery erlaubte sich erstmals ein ironisches Mienenspiel. Dazu kamen mondäne Filmorte wie Istanbul und Venedig. «From Russia with Love» ist eines der Bond-Abenteuer, bei denen man die Story auf den ersten Blick nicht in allen Details nachvollziehen kann. Allerdings nicht, weil sie so absurd oder nebensächlich ist wie in späteren Abenteuern, sondern verwinkelt, undurchsichtig und trickreich. Ein Agenten- statt ein Actionfilm.

 

2. Goldfinger (1964)

Unvergessen: Gert Fröbe als Auris Goldfinger. Womit er die Welt beglücken will, ist im dritten Bondfilm weniger relevant: Die amerikanischen Goldreserven in Fort Knox sollen radioaktiv verseucht und dadurch der weltweite Goldmarkt ruiniert werden. Überzeugender ist hingegen Bonds Kontrahent. Fröbe spielt Goldfinger nicht als wahnsinnigen, sondern schalkhaften und improvisationsfreudigen Schurken, der Bond zuerst grummelnd beim Golfspiel abserviert, um ihn danach auf dem Lasertisch zerschneiden zu wollen. Ausserdem legendär im Bond-Kosmos: die Pilotin Pussy Galore, der stumme Sidekick Oddjob mit dem tödlichen Zylinderhut, das mit Gold übergossene Bondgirl Jill Masterson im Hotelbett – und die Dialoge: «Do you expect me to talk?» – «No, Mr. Bond. I expect you to die.»

 

3. Diamonds Are Forever (1971)

Connery kam noch einmal zurück, um George Lazenby, seinen enttäuschenden Nachfolger als 007, wieder abzulösen. Der Schotte war in seiner sechsten Rolle bereits spürbar gealtert, und mit ihm die Serie: sie wurde schwärzer, apokalyptischer, fantastischer. Bond ist auf Rachefeldzug gegen den Schurken Blofeld, den Mörder seiner Frau, begegnet ausserdem zwei sadistischen Killern und wird von ihnen beinahe in einem Krematorium verbrannt, und nie zuvor war Bond gewalttätiger gegen Frauen. Vollendet wurde in «Diamonds Are Forever» ausserdem, was in «You Only Live Twice» bereits angedacht war: die Überdehnung der Story in die totale Bedrohung und in den Weltraum. Bonds Gegenspieler werden immer wahnsinniger und mächtiger, sie hetzen die Weltmächte nicht mehr gegeneinander auf, sondern bedrohen sie mit einem gigantischen Lasersatelliten im All und greifen in die Atomrüstung ein. Es war Connerys letzter Auftritt in der offiziellen Bondreihe (1983 schlüpfte er in «Never Say Never Again», eine Neuauflage von «Thunderball», nochmals in den Anzug von 007), und nach dieser bitteren Heldenschlacht bleib keine Steigerung mehr möglich. Was folgte, war die ironische Überdrehung mit Roger Moore.

 

4. Live And Let Die (1973)

Moores Neubesetzung brach mit einigen Detailstandards von 007: Erstmals sieht man ihn in seiner eigenen Wohnung, erstmals war ein Bondgirl schwarz, Bond trinkt Bourbon statt Vodka-Martini und raucht Zigarre statt Kippe. «Live And Let Die» wartet mit dem wohl besten Eröffnungssong überhaupt auf, einer Bombasthymne von Paul McCartney – und mit einem der bizarrsten Plots. Bond verschlägt es erneut in die Karibik, diesmal auf die Voodoo-Insel San Monique, wo er sich mit Tarot, Flüchen, und Krokodilen herumschlagen muss. Grosse Kritik erhielt der Film für die arg stereotypische Darstellung der Schwarzen auf San Monique wie vor allem im New Yorker Stadtteil Harlem, die augenscheinlich nichts anderes tun als in bunten Kleidern, Koteletten bis zu den Mundwinkeln und grotesk kumpelhafter Sprache in zwielichtigen Kneipen herumzuhängen. In «Live And Let Die» suchten die Bond-Macher eine Neuorientierung der Serie und einen Anschluss an das Blaxploitation-Genre im Nachgang der US-Bürgerrechtsbewegung. Das gelang nicht immer überzeugend, dennoch ist der Film ein erstklassiges Beispiel für die Wandlungsfähigkeit der Serie.

 

5: The Spy Who Loved Me (1977)

Für einmal wieder Kalter Krieg: Ein sowjetisches Atom-Unterseeboot verschwindet, die Russen setzen eine Spionin drauf an, England ihren bewährten Doppelnull-Agenten. Als sie sich treffen, landen sie im Bett, und auch die feindlichen Mächte kooperieren, als sich herausstellt, dass ein unbekannter Bösewicht, der in einer eisernen Spinne auf dem Meeresgrund sitzt und die dekadente Oberwelt mit den gestohlenen U-Booten auslöschen will. So weit, so klassisch. In die Liste gehört der Film wegen der stringenten Story, eine Seltenheit der Moore-Jahre, wegen dem Union-Jack-Fallschirmsprung über verschneiten Bergen in der Eröffnungssequenz und wegen Richard Kiel. Als hünenhafter Auftragskiller mit Metallgebiss, der Stahlträger auseinanderkaut und selbst unter einstürzenden Hausfassaden nicht mehr als ein paar Staubflecken davon trägt, ist er als «Beisser» der einzige der Bösen, der Bonds Aufräumaktionen entkommt – und noch einmal wiederkehren darf. In «Moonraker» findet er ein Mädchen und wandelt sich zum Guten und Gerechten.

 

6. Tomorrow Never Dies (1997)

Die Achtziger Jahre waren nicht das Jahrzehnt von James Bond. Roger Moore war überaltert und faltig, sein Nachfolger Timothy Dalton erreichte weder die brutale Eleganz noch die notwendigen Einspielzahlen. Die Neuauflage der Serie mit Pierce Brosnan nach sechs Jahren Pause frischte Bond neu auf für die Ära nach dem Kalten Krieg, mutete sich jedoch übermässige Konzessionen ans Actiongenre zu. Von der detektivistischen Aufgabe eines Agenten war nichts mehr übrig. Bemerkenswert sind die Versuche, die Rahmenhandlungen näher ans Weltgeschehen heranzubringen. «Goldeneye» befasste sich mit den übrig gebliebenen Waffenarsenalen der Sowjets, «The World Is Not Enough» mit der Verteilung von Rohstoffressourcen. «Tomorrow Never Dies», Brosnans zweiter Bond-Auftritt, ist dabei der zeitkritischste Versuch: Ein Medienmogul will England und China in einen Krieg verwickeln, um die Vorherrschaft in den Informationsmedien zu gewinnen – eine wenig verschleierte Anspielung auf die steigernde Medienmacht in den Jugendjahren des Internet und auf den Unternehmer Rupert Murdoch. Der Film ist ausserdem der letzte einer langen Reihe, der einen deutschen Killer einführt. Der Schauspieler Götz Otto bekam die Rolle wegen seiner Vorstellung am Casting: «Ich bin gross. Ich bin böse. Ich habe blonde Haare und bin Deutscher.»

 

7. Casino Royale (2006)

Bonds erste Mission als Doppelnull-Agent wurde bereits zweimal verfilmt, einmal 1954 fürs amerikanische Fernsehen mit Barry Nelson in der Titelrolle, einmal 1967 als Parodie mit David Niven, bis die Geschichte um Poker, Terrorismus-Finanzierung und Bonds unglückliche Liebe mit Vesper Lynd kinoreif wurde. Grossartig ist Mads Mikkelsen als Blut weinender Le Chiffre, erwähnenswert der Schweizer Carlos Leal als Chef de Partie im Pokerspiel, atemberaubend die Parkour-Verfolgungsjagd zu Beginn. Und Daniel Craig stellt einen aufbrausenden, noch unbeherrschten Bond dar, der sich verliebt und am Ende erst die bekannte Härte gewinnt: «The job is done. The bitch is dead.»

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