Historisches Nein: Das Stimmvolk hat die Energiesteuer-Initiative der Grünliberalen mit 92 Prozent verworfen. Die Mehrwertsteuer wird also nicht durch eine Energiesteuer ersetzt. Die Diskussion geht aber weiter.
Der Bundesrat plant eine Reform, welche die Energie ebenfalls verteuern würde. Ob die bundesrätlichen Pläne zu überzeugen vermögen, wird sich zeigen.
Die Idee der Grünliberalen für eine ökologische Steuerreform war chancenlos. 2’010’000 Personen stimmten am Sonntag Nein, 175’800 legten ein Ja in die Urne. Schlechter hat bislang nur eine einzige Initiative abgeschnitten, die Volksinitiative «Getreideversorgung» im Jahr 1929.
Ein Scheitern hatte sich zwar abgezeichnet, aber nicht ein so dramatisches: In der ersten Umfrage des Forschungsinstituts gfs.bern sprachen sich 29 Prozent für die Initiative «Energie- statt Mehrwertsteuer» aus, in der zweiten 19 Prozent. Nun liegt die Zustimmung bei lediglich 8 Prozent – für die Grünliberalen im Wahljahr eine bittere Niederlage: Die Partei hatte sich vom Volksbegehren eigentlich Auftrieb für die Wahlen erhofft.
Höchste Zustimmung in Basel-Stadt
Das beste Resultat erzielte die Initiative im Kanton Basel-Stadt. Auch dort sagten aber nur 14 Prozent der Stimmenden Ja. In Schaffhausen und Zürich waren es knapp 11 Prozent. In allen anderen Kantonen lag die Zustimmung unter 10 Prozent.
Für einmal gab es also weder einen Sprach- noch einen Stadt-Land-Graben, die Stimmenden in allen Landesteilen waren sich so einig wie selten. Am deutlichsten scheiterte das Volksbegehren im Kanton Wallis mit 96 Prozent Nein-Stimmen.
Wirksames und liberales Instrument
Unterstützung hatten die Grünliberalen für ihre erste Volksinitiative nur von den Grünen erhalten. Hätten Volk und Stände Ja gesagt, hätte die Mehrwertsteuer abgeschafft und durch eine Steuer auf der Produktion und der Einfuhr von Erdöl, Gas, Kohle und Uran ersetzt werden müssen.
Aus Sicht der Initianten wäre die Energiesteuer ein wirksames und liberales Instrument, um den Energieverbrauch zu senken und den erneuerbaren Energien zum Durchbruch zu verhelfen. Die Gegnerinnen und Gegner machten einen Konstruktionsfehler geltend: Gehe der Energieverbrauch wie erwünscht zurück, müssten die Steuersätze laufend angehoben werden, um die Einnahmen zu garantieren.
Nein zu höheren Benzinpreisen
Wie stark die Preise tatsächlich steigen würden, war umstritten. Beim Benzinpreis reichten die Schätzungen von einem Zuschlag zwischen 1,30 Franken und über 3 Franken. Dies mag Autofahrerinnen und Autofahrer abgeschreckt haben. Die Initianten betonten vergeblich, ökologische Haushalte würden profitieren.
Hinzu kam wohl die Befürchtung, die Wirtschaft hätte hohe Kosten zu tragen, zumal nach dem Willen der Initianten auch die graue Energie besteuert werden sollte. Das Nein-Komitee monierte, gerade jetzt müsse die Politik dafür sorgen, dass die Unternehmen trotz des starken Frankens wettbewerbsfähig blieben.
Energiewende nur mit Lenkungsabgaben
Das wuchtige Nein vom Sonntag ist ein Sieg für jene, die gegen höhere Energiepreise sind. Und es dürfte Auswirkungen haben auf die Diskussion über die Pläne des Bundesrates. Auch dazu wird sich das Volk äussern können, und dabei wird es um ein Ja oder Nein zur Energiewende gehen.
Damit diese gelingen kann, braucht es nämlich aus Sicht des Bundesrates mittelfristig Lenkungsabgaben. Mit dem ersten Massnahmenpaket zur Energiestrategie 2050, das noch in der parlamentarischen Beratung ist, können die Ziele nur etwa zur Hälfte erreicht werden.
Benzin um höchstens 26 Rappen teurer
Der Bundesrat möchte ein Lenkungssystem einführen, das ab 2021 schrittweise das heutige Fördersystem ersetzen soll. Die Abgaben würden an die Bevölkerung zurückerstattet. Die detaillierten Pläne will Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf noch im März vorstellen.
Die Eckwerte hat sie jedoch bereits bekannt gegeben: Je nach Variante würde der Liter Heizöl im Jahr 2030 mit einer CO2-Abgabe zwischen 44 und 89 Rappen belastet, der Liter Benzin – sofern auch Treibstoffe belastet werden – mit maximal 26 Rappen und die Kilowattstunde Strom mit 5 Rappen.
CO2-Abgabe auf Benzin bisher chancenlos
Bisher war eine CO2-Abgabe auf Benzin politisch nicht mehrheitsfähig, wie auch Umweltministerin Doris Leuthard kürzlich bei der Erläuterung der Klimaziele feststellte. Zuletzt war eine solche Abgabe im Jahr 2011 im Parlament gescheitert, im Rahmen der Revision des CO2-Gesetzes.
Neben der Grundsatzfrage, ob Treibstoffe mit einer Lenkungsabgabe belastet werden sollen, wird bei den Plänen des Bundesrates erneut die Höhe der Abgaben zu reden geben. Die Grünliberalen geben zu bedenken, dass ohne eine gewisse Höhe der Abgaben keine Lenkungswirkung zu erzielen sei.