Der Aargauer Regierungsrat will nach acht Jahren die Energiestrategie des Kantons der neuen Ausgangslage anpassen. Im Grundsatz hält er am bisherigen Weg fest: Die Energieeffizienz soll gesteigert und der Ausbau der erneuerbaren Energien soll forciert werden.
Bei der Energiestrategie gehe es um eine gesamtheitliche Betrachtung, sagte Bau- und Energiedirektor Stephan Attiger (FDP) am Freitag vor den Medien in Aarau. Der Aargau sei ein gewichtiger Player bei der Energieproduktion in der Schweiz.
Der Regierungsrat überarbeitete die Energiestrategie aus dem Jahr 2006, weil sich die Rahmenbedingungen teilweise grundlegend geändert haben. Der Bund will aus der Atomenergie aussteigen, der Strommarkt ist teilweise liberalisiert und es besteht eine kostendeckende Einspeisevergütung durch den Bund (KEV).
Im vom Kantonsparlament verabschiedeten Planungsbericht «energieAargau» von 2006 ist noch die «Option Kernenergie» verankert. Im überarbeiteten Papier schreibt der Regierungsrat, wegen möglicher technologischer Fortschritte in ferner Zukunft solle von einem Verbot der nuklearen Technologie abgesehen werden.
Bereits seit 2011 stützt der Regierungsrat die Stossrichtung des Bundes, die Stromversorgung der Schweiz ohne Ersatz der bestehenden AKW sicherzustellen.
Jeder soll weniger Energie verbrauchen
Im Zentrum der überarbeiteten Strategie stehen die Steigerung der Energieeffizienz, der Ausbau der erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind sowie die energetische Sanierung von Gebäuden.
Der Energieverbrauch pro Kopf soll bis zum Jahr 2035 um 43 Prozent gesenkt werden. Als Basis dient der Verbrauch im Jahr 2000. Das Ziel bedeute, dass der Gesamtverbrauch pro Kopf und Jahr um rund ein Prozent gesenkt werden solle, sagte Werner Leuthard, Leiter Abteilung für Energie.
Der Stromverbrauch soll im gleichen Zeitraum um 13 Prozent reduziert werden. Die erneuerbare Stromproduktion soll so ausgebaut werden, dass diese 60 Prozent des Bedarfs decken kann. Gleichzeitig will der Regierungsrat die Versorgungssicherheit beibehalten.
Wasserkraft bleibt zentral
Wasserkraft bleibt gemäss Regierungsrat die wichtigste erneuerbare Energie. Im Aargau bestehen 26 Gross- und Kleinkraftwerke an den Flüssen Aare, Reuss, Limmat und Rhein. Hinzu kommen 26 Kleinwasserkraftwerke entlang der Bäche.
Obwohl die Grosswasserkraftwerke weitgehend ausgebaut sind, soll bei einer Neukonzessionierung eine Produktionserhöhung verlangt werden, falls dies wirtschaftlich ist.
Ein grösseres Ausbaupotential sieht der Regierungsrat bei der Sonnenenergie, Geothermie, Biomasse und beim Wind. Für die Windenergie sind im kantonalen Richtplan bereits fünf Gebiete für mindestens je drei Anlagen bezeichnet worden.
Mehr Druck machen will der Regierungsrat bei der energetischen Sanierung von Gebäuden. Hier sind mehrere Programme aufgegleist; es geht um Beratung und um finanzielle Anreize. Potenzial zum Energiesparen sieht der Regierungsrat auch bei den 450 Grossverbrauchern. Diese verbrauchen rund 30 Prozent der Endenergie im Aarau.
Parteien und Verbände haben nun drei Monate Zeit, sich zur Energiestrategie zu äussern. Mitte 2015 wird der Grosse Rat über das Papier beraten.
Gegenvorschlag zur Energieinitiative
Der Regierungsrat sieht in der Auslegeordnung einen direkten Gegenvorschlag zur kantonalen «Energieinitiative: Aargau effizient und erneuerbar». Das im November 2013 eingereichte Begehren verlangt, dass im Aargau erneuerbare Energien ab dem Jahr 2025 den Energiebedarf decken. Das Energiegesetz soll entsprechend geändert werden.
Hinter dem Begehren steht eine Allianz aus WWF Aargau, VCS Aargau, SP, Grünen und Grünliberalen. Mit dabei sind auch die Aargauer Sektionen von Pro Holz, die Organisation «Nie wieder Atomkraftwerke» und der Schweizerischen Vereinigung für Sonnenenergie.
Regierungsrat Attiger sind diese Ziel zu starr. Die gesamte Energiebranche sei im Umbruch und die Auswirkungen der Marktliberalisierung seien nur schwer vorhersehbar. Der Regierungsrat setze auf eine «rollende Planung». So könnten die Ziele und Massnahmen für die Energiestrategie alle fünf Jahre überprüft und angepasst werden.