Die Aargauer Regierung will die familienergänzende Kinderbetreuung mit einem schlanken Rahmengesetz regeln. Sie reagiert damit auf die im Grossen Rat gescheiterte Teilrevision des Sozialhilfe- und Präventionsgesetzes und auf die Volksinitiative «Kinder und Eltern» zu diesem Thema.
In diesem Rahmengesetz soll so wenig wie möglich und so viel wie nötig festgeschrieben werden, sagte die zuständige Aargauer Regierungsrätin Susanne Hochuli am Freitag vor den Medien in Aarau. Die Regelung via Sozialhilfe- und Präventionsgesetz sei vor allem an den Details und am Umfang gescheitert.
Die Diskussion um die Teilrevision ist aber gleichwohl in das neue Rahmengesetz eingeflossen. Zudem wurden auch die Anliegen der Vorstösse aufgenommen, die nach dem Scheitern der Teilrevision eingereicht worden waren.
Die Gemeinden werden im neuen Gesetz verpflichtet, den Zugang zu einem bedarfsgerechten Angebot an familienergänzender Betreuung von Kindern bis zum Abschluss der Primarschule sicherzustellen. Die Gemeinden sind auch für die Qualität des Betreuungsangebotes und die Aufsicht zuständig.
Die Aargauer Regierung rechnet damit, dass der Bedarf an familienexternen Betreuungsangeboten stark zunehmen wird. Bei Tagesstrukturen während den Schulferien wird von einem Wachstum von 50 Prozent ausgegangen.
Auch bei Kindertagesstätten (plus 15 Prozent), Tagesstrukturen während der Schulzeit (20), Mittagsbetreuung (20) und Tagesfamilien (10) wird mit einem Angebotsausbau gerechnet.
Gemeinde und Eltern teilen sich Kosten
Die Kosten sollen in erster Linie von den Eltern getragen werden. Die Wohnsitzgemeinden müssen sich je nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit der Eltern daran beteiligen. Der Verteilschlüssel zwischen Gemeinden und Eltern wird von der Gemeindeversammlung festgelegt.
Je nach Aufteilung müssen die Aargauer Gemeinden allerdings künftig tief in die Tasche greifen. Im Jahre 2023, so wurde errechnet, dürfte das Angebot kantonsweit Kosten von 118,5 Millionen Franken verursachen. Beteiligen sich die Eltern daran mit 40 Prozent, so verbleiben für die Gemeinden 71 Millionen Franken.
Bei einem Elternanteil von 80 Prozent müssen die Gemeinden 23,5 Millionen Franken beisteuern. 2011 beispielsweise subventionierten Aargauer Gemeinden Kinderbetreuungsangebote mit rund 13 Millionen Franken. Auf die Eltern kommen je nach Verteilschlüssel Kosten zwischen 47,5 und 95 Millionen Franken zu.
Bessere Integration und mehr Steuern
Die grossen Mehrkosten müssten relativiert werden und der Nutzen vor Augen gehalten werden, sagte Regierungsrätin Hochuli. Mit der familienergänzenden Kinderbetreuung werde ein Beitrag zur Integration und zur Sozialisierung geleistet. Dies betreffe vor allem Kinder aus bildungsfernen Familien.
Zudem erhöhte sich mit solchen Angeboten für den Kanton und die Gemeinden die Standortattraktivität. Die familienexterne Betreuung von Kindern führe zu Mehrbeschäftigung der Eltern und damit zu zusätzlichen Steuereinnahmen, sagte Hochuli weiter.
Gegenvorschlag zur ALV-Initiative
Mit dem Kinderbetreuungsgesetz stellt die Aargauer Regierung der im April eingereichten Volksinitiative «Kindern und Eltern» des Aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (ALV) einen direkten Gegenvorschlag entgegen. Die Regierung lehnt die ALV-Initiative ab, die in Form eines fertig ausgestalteten Gesetzes daherkommt.
Das Rahmengesetz geht nun bis März 2014 in die Vernehmlassung. Die Beratungen im Aargauer Grossen Rat sind im Spätherbst 2014 und im Sommer 2015 vorgesehen. Als möglicher Inkraftsetzungstermin wurde der 1. April 2016 festgelegt.