In den Aargauer Gemeinden sollen familienergänzende Tagesstrukturen wie Krippen und Mittagstische eingerichtet werden. Das fordert der Aargauische Lehrerinnen- und Lehrerverband (alv) in einer am Freitag lancierten kantonalen Volksinitiative.
Die im „Amtsblatt“ publizierte Initiative „‚Kinder und Eltern‘ für familienergänzende Betreuungsstrukturen“ umfasst einen ausformulierten Gesetzestext mit acht Paragraphen.
Im Grundsatz soll die familienergänzende Kinderbetreuung die Entwicklung und Integration der Kinder fördern sowie deren Chancengerechtigkeit verbessern, wie es im Gesetzesvorschlag heisst. Auch sollen die Angebote die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit oder Ausbildung erleichtern.
Die Initianten wollen die Gemeinden in die Pflicht nehmen. Diese müssen gemäss Volksbegehren für ein bedarfsgerechtes Angebot an Betreuung von Kindern bis zum Ende der Schulpflicht sorgen. Die Gemeinden können die Betreuungsstrukturen selber stellen oder mit einer Leistungsvereinbarung an Dritte übertragen.
Nutzung soll freiwillig sein
Für Kinder bis zum Eintritt in den Kindergarten soll das Angebot Tagesstätten oder Tagesfamilien umfassen. Für Schulkinder bis Ende der Primarschulstufe sind Tagesstrukturen vorgesehen. Für Jugendliche der Oberstufe soll ein Mittagstisch eingerichtet werden.
Die Nutzung der Angebote sei freiwillig, heisst es im vorgeschlagenen Gesetzestext weiter. Die Erziehungsberechtigten und die öffentliche Hand (Kanton und Gemeinden je hälftig) sollen die Angebote finanzieren. Der Regierungsrat müsste die sogenannten Normkosten für die Angebote und die Qualitätsstandards festlegen.
Damit im Kanton Aargau eine Volksinitiative zustande kommt, müssen innerhalb eines Jahres mindestens 3000 Stimmberechtigte das Begehren unterschreiben.
Parlament will neuen Anlauf
Im Kantonsparlament war Anfang Jahr eine Gesetzesvorlage für die familienergänzende Kinderbetreuung in der Schlussabstimmung am Widerstand von SVP und SP gescheitert.
Zuvor hatte die bürgerliche Mehrheit auf Antrag der FDP unter anderem Bestimmungen zur Qualitätssicherung aus der Vorlage gestrichen. Auch beschloss das Parlament, dass der Kanton nichts an die Kosten für die Betreuungsangebote bezahlen muss.
Ende März machte sich der Grosse Rat für einen neuen Anlauf zur Einführung von Angeboten für die Kinderbetreuung stark. Gegen die Stimmen der SVP-Fraktion überwies das Parlament vier Postulate mit grosser Mehrheit an den Regierungsrat.