Vor 135 Jahren endete die Nationalbahn-Verbindung von Winterthur ZH über Baden AG nach Zofingen AG in einem finanziellen Fiasko. Jetzt haben die SBB das Überbleibsel, die Strecke Zofingen-Lenzburg, für 68 Millionen Franken auf Vordermann gebracht.
«Die Nationalbahn ist eine Leidensgeschichte mit Happyend»: Das sagte der Aargauer Regierungsrat Stephan Attiger (FDP) am Donnerstag bei der Einweihungsfeier der erneuerten SBB-Regionallinie. Im 19. Jahrhundert hatten Private die «Nationalbahn» als direkte Verbindung vom Bodensee zum Genfersee geplant.
Aus diesem Traum wurde nichts. Der Aargauer Volksmund nennt die Bahn aber noch immer liebevoll «Nazeli». Die Zukunft der Regionalstrecke beginnt mit dem Fahrplanwechsel am 13. Dezember: Die S28 von Zofingen nach Lenzburg verkehrt zwischen 6 bis 20 Uhr im Halbstundentakt.
Trotz der erneuerten und ausgebauten Bahninfrastruktur fällt das ehemalige «Nationalbahn»-Teilstück weiterhin ein wenig aus dem Konzept: Die S28 führt quer durch die aargauische Landschaft und lässt die Bahnhöfe Olten und Aarau aussen vor.
In Oberentfelden kreuzt die SBB-Linie sogar die Gleise der Wynental- und Suhrentalbahn (WSB). Die Haltestellen des «Nazeli» heissen etwa Walterswil-Striegel, Kölliken Oberdorf, Safenwil und Hunzenschwil.
Hier der Bahnhof, dort das Dorf
Der «Nationalbahn» haftete einst der Makel an, dass die Stationen nicht zentral in den kleinen Dörfern lagen. Die Gemeinden wuchsen in den letzten 100 Jahren näher zum Bahnhof. Aber nicht überall: In Küngoldingen verlegte die SBB die Haltestelle jetzt um 600 Meter näher zum Siedlungsschwerpunkt.
Die Projektkosten betrugen insgesamt 68 Millionen Franken. Davon übernahm der Bund zwei Drittel. Der Kanton Aargau beteiligte sich mit 19 Millionen Franken und die Gemeinden bezahlten rund 7 Millionen Franken.
Für das erweitere Bahnangebot baute die SBB in Hunzenschwil und Kölliken auf der einspurigen Linie lange Kreuzungsgleise. Die Sicherungsanlagen werden von der Betriebszentrale Mitte in Olten ferngesteuert.
Der Bahn drohte das Aus
Für die Erneuerung der Linie war der Bahnverkehr eingestellt. Seit Juli verkehrten Busse zwischen Zofingen und Suhr – mit entsprechend längerer Fahrzeit, Verspätung und der Erkenntnis: Ohne «Nazeli» geht es nicht.
Dabei hatte der Bahnverbindung 1978 der Todesstoss gedroht. Der Bund schlug vor, die damaligen «Nazeli»-Abschnitte Zofingen-Aarau und Aarau-Suhr-Lenburg auf den Busbetrieb umzustellen. 1995 verkehrten am Abend und an den Wochenenden nur Busse statt Züge.
2004 kam es zur grossen Wende: Die Regionalbahn verkehrte von Zofingen über Suhr nach Lenzburg. Der Ostarm nach Wettingen bei Baden wurde eingestellt. Vor fünf Jahren wurde die WSB zwischen Aarau und Suhr auf das ehemalige Trassee der SBB verlegt.
Die Frequenzen der «Nationalbahn» stiegen seither pro Jahr um 6 bis 10 Prozent. «Die Bahn ist aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt worden», sagte Regierungsrat Attiger. Rund 4200 Personen benutzen an einem Werktag die S28.