Der Aargauer Regierungsrat ist gegen einen Austritt des Kantons aus der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS). Ein Austritt des Kantons sei «weder zielführend noch nutzbringend», hält der Regierungsrat fest und lehnt einen Vorstoss der SVP-Fraktion ab.
Die SKOS bestehe vor allem aus Mitgliedern der öffentlichen Hand, daher ziele der Vorwurf ins Leere, die SKOS vertrete nicht die Interessen der Sozialämter, schreibt der Regierungsrat in der am Freitag veröffentlichten Stellungnahme.
Die Anwendung der SKOS-Richtlinien führe in den Kantonen bei der Berechnung der Sozialhilfe zu einem gleichmässigen Vollzug und erhöhe die Rechtssicherheit. Im Aargau seien positive Erfahrungen gemacht worden.
Die Richtlinien ermöglichten im Kanton eine einheitliche Handhabung der Sozialhilfe, liessen Vergleiche und Erfahrungsaustausch mit anderen Kantonen zu. Auch verhinderten die Richtlinien einen Sozialtourismus.
Aargau kennt strengere Bestimmungen
Der Kanton Aargau nutze seit jeher die Möglichkeit, die SKOS-Richtlinien nur teilweise anzuwenden. Im Grundsatz würden die Richtlinien gelten, sie würden aber in einigen Punkten deutlich strenger angewendet oder Änderungen würden aufgrund fehlender Akzeptanz bei den Gemeinden nicht aufgenommen.
Im Aargau könnten Kürzungen der Sozialhilfe bis zu 35 Prozent des Grundbedarf betragen. Die SKOS-Richtlinien würden eine Kürzung von nur 15 Prozent vorsehen.
Die Gemeinde Berikon hatte diese Woche beschlossen, der SKOS den Rücken zu kehren. Der Gemeinderat begründete den Entscheid damit, er wolle der Bevölkerung mitteilen, dass es die Möglichkeit gebe, die Sozialhilfe einzustellen, wenn jemand nicht mit der Gemeinde zusammenarbeite.
Aus der SKOS ausgetreten sind ebenfalls Rorschach SG und Dübendorf ZH. Berikon war Auslöser der Diskussionen um die Verbindlichkeit der SKOS-Richtlinien gewesen.
Die Gemeinde war vom Bundesgericht in die Schranken gewiesen worden. Sie hatte einem jüngeren Mann die Sozialhilfe gestrichen, weil dieser jegliche Kooperation mit der Gemeinde verweigert hatte.
Gemäss Bundesgericht ist die Streichung der Leistungen nur bei einem «rechtsmissbräuchlichen Verhalten» möglich. Das müsse die Gemeinde beweisen können. Berikon hatte es jedoch unterlassen, die Schritte gegen den Mann mit Verfügungen juristisch abzusicheren.
Regierung will Sozialhilfegesetz nicht verschärfen
Der Aargauer Regierungsrat lehnt auch die Forderung von CVP-Grossräten ab, das kantonale Sozialhilfe- und Präventionsgesetz als Folge des Falls von Berikon zu verschärfen. Die CVP-Motionäre verlangen klare Regeln, um renitenten Sozialhilfebezügern die Leistungen kürzen oder streichen zu können.
In der kantonalen Gesetzen bestünden bereits Möglichkeiten von Leistungskürzungen, schreibt der Regierungsrat. Auch das Verfahren für Sanktionen sei klar. Die Behörden müssten Auflagen und Weisungen verfügen und mit den Konsequenzen wie Kürzungen oder im Extremfall mit der Einstellung der Leistungen drohen.
Die Rechtssprechung habe in den letzten Jahren gezeigt, dass mit den bestehenden gesetzlichen Regelungen die geforderten Massnahmen bereits umgesetzt werden könnten.
Die Verfügungen der Sozialhilfebehörden müssten jedoch den Anforderungen eines Rechtsstaates und der Bundesverfassung genügen. Es gehe dabei um öffentliches Interesse, um Treu und Glauben und um Verhältnismässigkeit.
Die Sozialbehörden seien deshalb verpflichtet, den Sachverhalt einwandfrei abzuklären sowie formell und verfahrensrechtlich korrekt vorzugehen.