Der Aargauer Regierungsrat hat die Standortvorschläge der Nagra für mögliche Oberflächenanlagen eines Atomendlagers ungewohnt scharf kritisiert. Das Vorgehen der Nagra und des Bundes sei „unverständlich“. Die Kantone seien nicht miteinbezogen worden.
Die Vorschläge der Standorte seien „nicht nachvollziehbar“, wird Regierungsrat Peter C. Beyeler (FDP) in einer Medienmitteilung der Staatskanzlei zitiert. „Wir sind sehr überrascht über die Standortvorschläge.“ Die kantonalen Entwicklungsgebiete seien nicht berücksichtigt worden.
Der Regierungsrat erneuerte am Freitag seine bisherige Haltung. Der Aargau wolle „grundsätzlich“ kein geologisches Tiefenlager. Der Kanton trage bereits heute grosse Lasten für die gesamte Schweiz im Verkehrs- und Energiebereich, hält der Regierungsrat fest.
Oberste Priorität beim Standortentscheid müsse die höchstmögliche Sicherheit für Menschen und Umwelt haben. Diese Sicherheit sei „nicht verhandelbar“. Deshalb seien die weiteren Sicherheitsabklärungen des geologischen Untergrunds von grösster Wichtigkeit.
Zehn Aargauer Standorte
Die Nationale Genossenschaft zur Lager radioaktiver Abfälle (Nagra) schlug insgesamt zehn Aargauer Gemeinden und eine Solothurner Gemeinde als mögliche Standorte für Oberflächenanlagen der Atomendlager vor.
In der Region Jura Ost sind dies Hornussen, Bözen, Effingen, Villigen, Böttstein sowie Würelingen. In der Region Nördlich Lägern stehen Mellikon und Rekingen als mögliche Standorte zur Diskussion.
In der Region Jura-Südfuss sind die Aargauer Gemeinden Kölliken und Suhr sowie Däniken im solothurnischen Niederamt auf den nagra-Plänen eingezeichnet.
Zwischen Ablehnung und Abwarten
Der Gemeinderat von Rekingen lehnt eine Oberflächenanlage ab. Man werde in enger Zusammenarbeit mit der Regionalkonferenz sowie der Regionalplanungsgruppe die nötigen Schritte einleiten und sich gegen eine Oberflächenanlage zur Wehr setzen, hält der Gemeinderat in einer Stellungnahme mit.
Die Gemeinde sei von den Plänen der Nagra „sehr überrascht“. Rekingen sei als Naherholungsgebiet mit dem traditionellen Gesundheits- und Rehabilitationszentrum in Bad Zurzach verknüpft.
Die mögliche Standortgemeinde Bözen will sich vorerst nicht festlegen. Man werde das Themen „offen und neutral“ angehen, sagte Frau Gemeindeammann Annemarie Baumann auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Die Gemeinde werde sich intensiv mit dem Plänen der Nagra auseinandersetzen. Die Stimmungslage in der Bevölkerung sei jedoch schwer einzuschätzen. Das habe wohl auch damit zu tun, dass die Pläne für ein Endlager bisher „noch zu weit weg“ gewesen seien.
Kritik am Vorgehen der Nagra und des Bundesamtes für Energie (BFE) äusserte auch der Verein Niederamt ohne Endlager (NoE). Zuerst müsse ein sicherer Standort für ein Atomendlager feststehen, erst danach sollten Standorte für Oberflächenanlagen gesucht werden.
Nagra und BFE würden die Bevölkerung „unnötig verängstigen“ und die seriöse Suche nach Endlagerstandorten hintertreiben.