Aargauer Regierungsrat lehnt Wahlpflicht mit Busse ab

Der Aargauer Regierungsrat ist dagegen, die 1971 abgeschaffte Stimm- und Wahlpflicht wieder einzuführen. Er lehnt die Forderung des kantonalen Jugendparlaments ab, Bussen für die Nichtteilnahme an Abstimmungen und Wahlen zu verhängen. Der Vollzug der Kontrolle würde bei den Gemeinden zu einem grossen Aufwand führen.

Der Aargauer Regierungsrat ist dagegen, die 1971 abgeschaffte Stimm- und Wahlpflicht wieder einzuführen. Er lehnt die Forderung des kantonalen Jugendparlaments ab, Bussen für die Nichtteilnahme an Abstimmungen und Wahlen zu verhängen. Der Vollzug der Kontrolle würde bei den Gemeinden zu einem grossen Aufwand führen.

Wenn sich bei einer eher optimistischen Annahme rund die Hälfte der 400’000 Stimmberechtigten an Wahlen und Abstimmungen beteilige, so würden rund 200’000 Personen pro Urnengang eine «staatliche Aktivität» auslösen, hält der Regierungsrat in seiner Stellungnahme vom Freitag fest.

«Eine Institution müsste die Entschuldigungsgründe zur Kenntnis nehmen und gegenüber den säumigen Pflichtigen die Ersatzabgabe in Rechnung stellen oder gar verfügen», heisst es in der Stellungnahme weiter: «Das wären bei durchschnittlich vier eidgenössischen Urnengängen pro Jahr ungefähr 800’000 Entschuldigungsmeldungen beziehungsweise Rechnungen, die man verarbeiten müsste.»

Rechne man nur eine Minute Aufwand pro «Fall», würde dies gut 13’000 Stunden Bearbeitungszeit pro Jahr ergeben. Um diese Arbeit zu bewältigen, müssten mindestens sechs Vollzeitstellen geschaffen werden.

Dazu kämen laut Regierungsrat einmalige Kosten für die EDV sowie jährlich wiederkehrende Kosten von mehreren hunderttausend Franken für den Versand der Rechnungen. Der Aufwand würde den Ertrag deutlich übersteigen.

Busse als Motivation für Teilnahme

Das Jugendparlament hatte gefordert, dass für die Nichtteilnahme an Wahlen und Abstimmungen eine Ersatzabgabe von zehn Franken bezahlt werden soll. Dieses Anliegen hatten die sogenannten Beiträge des Jugendparlamentes, also Grossräte, mit einer Motion ins Parlament getragen.

Die relativ tiefe Ersatzabgabe solle mit ihrer symbolischen Bedeutung eine zusätzliche Motivation sein, sich am Urnengang zu beteiligen, argumentierte das Jugendparlament.

Der Regierungsrat lehnt die Forderung auch aus grundsätzlichen Überlegungen ab. Im modernen Verständnis sei das Stimm- und Wahlrecht ein Persönlichkeitsrecht. Es sei jedoch auch ein Recht, auf die Ausübung dieses Persönlichkeitsrechts zu verzichten.

Dazu komme, dass der Stimmzwang lediglich eine Pflicht zur Teilnahme statuiere. Eine Pflicht zur Abgabe einer gültigen Stimme sei hierin nicht enthalten. Die Einführung eines Stimmzwangs würde gemäss Regierungsrat daher wohl vor allem zu einem Anstieg der leeren Stimm- und Wahlzettel führen.

Nur Kanton Schaffhausen verhängt Bussen

Eine Stimmpflicht kennt in der Schweiz einzig noch der Kanton Schaffhausen. Verschiedene Kantone schafften diese im letzten Jahrhundert ab. Die Pflicht fiel etwa in den Kantonen St. Gallen (1994), Thurgau (1985), Waadt (1948) und Zürich (1984).

Im Kanton Schaffhausen gilt die Wahl- und Stimmpflicht seit 1904. Wer diese Pflicht ohne Entschuldigung nicht erfüllt, muss sechs Franken bezahlen. Der Vollzug liegt bei den Gemeinden, die diese Regelung verschieden umsetzen. Einige Gemeinden nehmen es beim Eintreiben des Geldes nicht so genau.

Gegen Stimmalter 16

Der Regierungsrat spricht sich auch gegen das Anliegen des Jugendparlamentes aus, auf kantonaler und kommunaler Ebene das Stimmrechtsalter auf 16 Jahre zu senken. Der Grosse Rat hatte Ende 2014 eine ähnliche Forderung verworfen.

Zudem lehnt der Regierungsrat das passive Stimm- und Wahlrecht für Ausländer ab. Der Grosse Rat hatte 2015 einen Vorstoss klar abgelehnt, der auf kommunaler Ebene das Ausländerstimmrecht einführen wollte.

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