Im Kanton Aargau bleibt der Weg frei zur Einführung des Lehrplans 21. Die Stimmberechtigten haben eine Volksinitiative sehr deutlich abgelehnt, die den umstrittenen Lehrplan verhindern wollte.
Die Initiative «Ja zu einer guten Bildung – Nein zum Lehrplan 21» scheiterte mit einem Nein-Stimmenanteil von 69,52 Prozent (Nein: 117’550, Ja: 51’532). Die Beteiligung betrug 42,40 Prozent.
Ein konservatives Komitee hatte das Begehren lanciert. Der «völlig verfehlte Lehrplan 21» führe zu einem neuen Bildungsverständnis, weg vom Sachwissen und hin zu sogenannten Kompetenzen, hiess es. Die SVP unterstützte das Begehren.
Regierung, Parlament und ein breit abgestütztes Nein-Komitee aus Parteien und Verbänden kämpften gegen die «schädliche Volksinitiative». Diese hätte den Aargau in einen «bildungspolitischen Alleingang» gedrängt, hiess es.
Nach dem Nein zur Initiative kann der Kanton wie geplant weitermachen. Der Regierungsrat will den Lehrplan 21 auf das Schuljahr 2020/21 einführen. Die Gegner der Initiative reagierten «mit grosser Erleichterung» auf den klaren Volksentscheid.
Der Aargau gehört bislang nicht der Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule (HarmoS-Konkordat) an. Daher kann der Kanton selbst über seinen Lehrplan entscheiden.
Der Lehrplan 21 geht auf eine eidgenössische Volksabstimmung aus dem Jahr 2006 zurück. Damals sprach sich eine Mehrheit der Stimmberechtigten für eine Harmonisierung der Schulen aus. Der Lehrplan umfasst elf Schuljahre und beschreibt den Bildungsauftrag neu in Form von Kompetenzen.
Lehrplan-Gegner fahren Niederlagen ein
Die Gegner des Lehrplans waren bereits in anderen Kantonen gescheitert. Die Stimmberechtigten in den Kantonen Schaffhausen und Thurgau sprachen sich am 27. November klar dagegen aus, dass das Kantonsparlament den Lehrplan genehmigen sollte.
Zwei Monate zuvor lehnten die Stimmberechtigen im Kanton St. Gallen eine Initiative zum Ausstieg aus dem HarmoS-Konkordat deutlich ab. Das gescheiterte Begehren richtete sich gegen die Einführung des Lehrplans. Initiativen gegen den Lehrplan 21 sind in den Kantonen Solothurn und Basel-Landschaft hängig.
Linke Initiativen chancenlos
Die Stimmberechtigten lehnten auch zwei Volksinitiativen aus dem linken Lager ab. Die Gewerkschaften wollten mit der Initiative «Arbeit und Weiterbildung für alle!» die Integration von Personen fördern. Das Volk verwarf die Initiative mit einem Nein-Stimmenanteil von 70,65 Prozent (Nein: 117’624, Ja: 48’858).
Schiffbruch erlitt die SP mit der Initiative «Chancen für Kinder – Zusammen gegen Familienarmut». Das Volk lehnte das Begehren mit einem Nein-Stimmenanteil von 69,51 Prozent (Nein: 115’542, Ja: 50’682). Regierung und Parlament hatten sich gegen beide Initiativen ausgesprochen.
Reform der Aufgabenteilung
Der Kanton und seine Gemeinden teilen sich die Aufgaben klar auf. Gleichzeitig wird der Finanzausgleich zwischen den Gemeinden auf neue Beine gestellt. Die Stimmberechtigten haben die beiden Vorlagen gutgeheissen.
Damit bestätigte das Volk die entsprechenden Beschlüsse des Grossen Rats. Ein Komitee unter Leitung eines ehemaligen SVP-Grossrats hatte das Referendum ergriffen.
Der Souverän stimmte dem Gesetz über den Ausgleich der Aufgabenverschiebungsbilanz sowie über die Übergangsbeiträge mit einem Ja-Stimmenanteil von 57,22 Prozent zu (Ja: 90’189, Nein: 67’429).
Das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen den Gemeinden wurde mit einem Ja-Stimmenanteil von 57,51 Prozent gutgeheissen (Ja: 93’348, Nein: 68’972).
Ausgleich bei hohen Sozialhilfekosten
Mit der Reform werden die Aufgaben zwischen Kanton und Gemeinden transparent aufgeteilt. Während der Kanton sich etwa um die Lehrerlöhne und die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs kümmert, übernehmen die Gemeinden alle Kosten für die Sozialhilfe und für nicht bezahlte Krankenkassenprämien.
Bei einem Sozialhilfefall, der pro Jahr mehr als netto 60’000 Franken kostet, wird der Mehrbetrag von allen Gemeinden gemeinsam getragen. Es wird ein Fonds gegründet, in den alle Gemeinden im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl einzahlen.
Der gesamte Umbau führt dazu, dass die Gemeinden entlastet werden. Der Aufwand für den Kanton steigt um 40 Millionen Franken pro Jahr. Es ist vorgesehen, dass der Kanton seinen Steuerfuss um drei Prozentpunkte erhöht. Im Gegenzug sollen die Gemeinden ihren Ansatz um drei Prozentpunkte senken.
Auf neue Füsse gestellt werden soll auch der Finanzausgleich zwischen den 213 Gemeinden. So sollen Gemeinden nicht mehr in den Genuss von Ausgleichszahlungen kommen, deren Steuerfuss um fünf Prozent oder mehr unter dem Mittelwert der Gebergemeinden liegt
Gemäss Berechnungen des Kantons ändert sich für die Hälfte der Einwohnenden nichts. Ein Drittel lebt in Gemeinden, die finanziell entlastet würden. Rund 15 Prozent leben in Dörfern, die den Steuerfuss wohl erhöhen müssten, weil sie weniger Geld erhalten oder mehr Geld abliefern sollen.