Spieltag 1 an der EM könnte osteuropäischer kaum sein. Um 18.00 Uhr empfängt Co-Gastgeber Polen in Warschau Griechenland zum Eröffnungsspiel, ab 20.45 Uhr spielt in Wroclaw Russland gegen Tschechien.
Keine der vier Mannschaften aus der Gruppe A mag bei westlichen Fussball-Liebhabern das Herz höherschlagen lassen, aber für die Osteuropäer ist die Situation doch sehr speziell. So nahe waren sie ihren Lieblingen an einer Europameisterschaft noch nie. Die Polen sind ohnehin mittendrin. Die Tschechen treten in der Vorrunde dreimal in Wroclaw an, nur 90 km von ihrer Grenze entfernt. Und aus Russland kommen Hunderte Fans, die nach einem Wahlversprechen von Präsident Wladimir Putin gratis in Zügen und Flugzeugen anrücken.
Polens mit „Chance des Lebens“
Polen steht in der Weltrangliste der FIFA auf Platz 62, so weit hinten wie kein anderer EM-Teilnehmer. Im Eröffnungsspiel sieht sich das 38 Millionen Einwohner zählende Land dennoch als Favorit. Das Stadion ist mit 50’000 Zuschauern längst ausverkauft, wenn es für die Polen um „die Chance unseres Lebens“ geht, wie Robert Lewandowski das Turnier in seiner Heimat bezeichnet. Der Stürmer von Borussia Dortmund, mit 22 Toren hinter dem Holländer Klaas-Jan Huntelaar und Mario Gomez drittbester Torschütze der abgelaufenen Bundesliga-Saison, ist neben Captain Jakub Blaszczykowksi und Lukasz Piszczek einer aus dem Trio des deutschen Meisters und der Hoffnungsträger schlechthin. Auch die drei Tore beim 5:2 im deutschen Cupfinal gegen Bayern München haben seine Landsleute beeindruckt.
Polen will erfolgreicher sein als die Schweiz
Auf jeden Fall wollen die Polen nicht dasselbe Schicksal erleiden wie vor vier Jahren die Schweiz und Österreich, die als Gastgeber in der Vorrunde ausschieden. Dies war zuvor einzig noch den Belgiern im Jahr 2000 widerfahren. Allerdings haben auch die Polen keine gute Erinnerung an das Turnier von 2008. Dort schossen sie in drei Spielen ein einziges Tor und schieden – bei ihrer ersten EM-Endrunden-Teilnahme überhaupt – als Gruppenletzter aus.
Griechenland als Spielverderber?
Griechenland würde nur zu gerne erneut den Partyschreck spielen. 2004 versauten die Griechen dem damaligen Organisator Portugal das Fest. In der Vorrunde schlugen sie den Gastgeber 2:1, und im Final taten sie dies gleich nochmals. Acht Jahre nach der Sensation von Lissabon gehen die Griechen erstmals ohne „König Otto“ Rehhagel in ein Endrundenturnier.
Der Portugiese Fernando Santos übernahm Rehhagels Truppe, deren Qualitäten die gleichen sind wie ehedem. Die Abwehr mit dem Innenverteidiger-Duo Papadopoulos & Papastathopoulos ist nur schwer zu überwinden. In der Qualifikation liessen die Griechen in zehn Spielen ganze fünf Tore zu. Seit Santos Amtsantritt im Sommer 2010 verlor die Mannschaft nur ein einziges Mal: ein Testspiel gegen Rumänien. Nach vorne läuft allerdings auch unter Santos wenig. Kein anderer EM-Teilnehmer traf in der Qualifikation so selten ins Netz wie die Griechen (14 Tore).
2. EM-Duell Russland – Tschechien
Russland gegen Tschechien ist eine Affiche, die im Eishockey zum Standard-Programm gehört. Im Fussball ist das anders. Das einzige Duell seit der Auflösung der ehemaligen Tschechoslowakei fand vor 16 Jahren statt, an der EM-Endrunde 1996 in England. Damals trennten sich die Teams in der Vorrunde in Liverpool 3:3. Die Russen schieden dadurch aus, die Tschechen aber marschierten bis in den Final. Die Vorzeichen für die heutige Partie in Wroclaw sehen jedoch Russland in der Favoritenrolle. Seit dem 9. Februar 2011 ist die Mannschaft unter dem holländischen Trainer Dick Advocaat unbesiegt, die EM-Hauptprobe am vergangenen Freitag gegen Italien in Zürich endete mit einem glatten 3:0.