Für Essaouira sollte man sich ein ordentlich verlängertes Wochenende Zeit nehmen. In den Gassen der marokkanischen Hafenstadt kann man sich auf mystischen Spaziergängen oder ausschweifenden Einkaufstouren verlieren.
Diese Mauern können was. Zum Beispiel das Label des Unesco-Kulturerbes gewinnen.
(Bild: Olivier Joliat)In Essaouira mischen sich die Religionen.
(Bild: Olivier Joliat)Am Ende des Tunnels ...
(Bild: Olivier Joliat)... hat es noch einen Tunnel.
(Bild: Olivier Joliat)Und wenn der Tunnel aufhört, suchen sich die Gedanken ihre eigenen mystischen Wege.
(Bild: Olivier Joliat)Oder noch besser: ein Hinterhof mit leckerem Essen.
(Bild: Olivier Joliat)Oder ein Bier.
(Bild: Olivier Joliat)Hirn einschalten und feilschen. Oder Hirn abschalten und kaufen, juhee.
(Bild: Olivier Joliat)Lecker Fischchen, bald landest du auf dem Grill.
(Bild: Olivier Joliat)Keinen Quadratkilometer umfasst die «Medina» genannte Altstadt. Doch Streifzüge durch die unzähligen verwinkelten Gässlein der marokkanischen Hafenstadt Essaouira führen auch nach Tagen zu neuen Ecken und Plätzen. Die verheissungsvollen Wege verzweigen, verengen sich, wachsen teilweise so niedrig über dem Kopf zusammen, dass man gebückt gehen muss – und dann endet der Abenteuer-Tippel in einer Sackgasse.
Ende der Geschichte? Nein, nun tippelt einfach der Kopf weiter: Was wohl verbirgt das aufgeplatzte Mauerwerk?
Von der Blütezeit zur Lotterecke
Schäbigste Fassaden kaschieren oft die schicksten Riads, wie die alten Herrenhäuser hier genannt werden: aussen Lehm, innen Luxus – Swimmingpool mit Mosaik und Treppengeländer mit Zierschnitzereien inklusive. Viele sind topmodern gerüstet für Touristen. Darum kann man auch die Nase reinstecken, seine Neugier befriedigen und im Innenhof gar ein Bier geniessen – was auf der Gasse kaum zu finden ist.
Die Mehrheit der Bewohner von Essaouira ist muslimisch, doch mischen sich hier seit der Antike Kulturen und Religionen. Neben Kirchen aus der Zeit der europäischen Besatzer findet man auch ein jüdisches Viertel. Der Sultan lud im 18. Jahrhundert die reichsten jüdischen Geschäftsleute zur Ankurbelung des Handels in die Hafenstadt. Zur Blütezeit zählte die Stadt 63 Synagogen, heute ist dort die Lotterecke der Medina.
Wie bei «Indiana Jones» – oder doch «Star Wars»?
Die bewegte Geschichte verleiht den Streifzügen in der Stadt etwas Mystisches. Gerade im Dunkeln fühlt man sich zurückversetzt nach Mogador, wie Essaouira vor der marokkanischen Unabhängigkeit genannt wurde. Diesen märchenhaften Namen trägt nur noch die vorgelagerte Insel mit dem ehemaligen portugiesischen Gefängnis, die heute (frei von Menschen) als Vogelschutzgebiet sich selbst überlassen ist.
Das stimmige Spazierambiente in der Medina schwankt zwischen «Indiana Jones» und «Star Wars». Kreuzt man in den düsteren Gassen Berber mit ihren traditionellen Kapuzenkutten, spürt man den mächtigen Obi-Wan Kenobi. Gedreht wurden hier Filmklassiker wie Orson Welles «Othello» oder, aktueller, das Fantasy-Spektakel «Game of Thrones».
Die massiven Stadtmauern mit Kanonen dienen aber nicht nur als Kulisse. Die mächtigen Mauern gaben der Stadt Schutz, ihren Namen (Essaouira = die Eingeschlossene) und der Unesco Grund, die Medina als Weltkulturerbe auszuzeichnen. Von da stammen wohl auch die Mittel, sie nun zu restaurieren. Denn noch mächtiger als die Mauern ist der Wind. Der bläst an der Küste so verlässlich, dass Essaouira in Kite-Kreisen als Top-Adresse gilt.
Wind, Wellen und Rauch
Surfer – mit oder ohne Segel – finden gleich ausserhalb der Stadtmauern einen weitläufigen Strand mit Wind und Wellen. Musikfreaks pilgern 25 Kilometer südlich nach Sidi Kaouki. Ende der 1960er hängten hier Jimi Hendrix ein paar Tage, die Rolling Stones, die Beatles und Bob Marley sogar noch länger ab. Was wirklich war und was bloss Legende ist – entstanden aus dem Rauch von Hasch –, bleibt nebulös.
Die Hippies und Musiker waren natürlich auch in Essaouira. Die fliegenden Haschisch-Händler sind es noch heute. Es sind die einzigen Nervtöter unter all den Verkäufern mit ihren bunten Verlockungen in den zwei Hauptgassen, die parallel die Medina queren. Hier pulsiert das Leben. Es gibt Lampen und diverse Lederwaren – allen voran die Babusch genannten traditionellen Kamelleder-Schlarpen in allen Qualitäten, Farben und Formen, dazu unzählige Gewürz-, Kräuter- und Naturkosmetik-Buden.
Die Verkäufer locken mit viel Charme und leckersüssem Minzentee. Wer in ihre kleinen Buden sitzt, dem mischen sie wohl etwas Kaufrauschkraut in den Tee. Denn nach herzlichen Umarmungen zieht man mit Vielerlei für Verwandtschaft oder Freunde und noch mehr Unnützem weiter. Den Preis dafür – nun, den hätte man wohl viel weiter runterhandeln sollen. Wie professionelles Feilschen funktioniert, kann man bei den Einheimischen auf dem Markt im östlichen Teil der Medina beobachten. Hier herrscht ein wunderbares Gewusel, während im touristischen Teil während der Nebensaison angenehme Flaute herrscht.
Diese Mandarinen muss man probieren
Auch wer sich dem Kaufplausch verweigert, sollte sich zumindest von den Mandarinen verführen lassen. Wer die gekostet hat, den macht daheim kein Santiglaus mehr glücklich. Eine weitere lokale Spezialität ist das Arganöl. Man kann den Frauen live beim Pressen dieses exklusiven Saftes zugucken. Einiges spektakulärer sind allerdings die Kletterziegen in den Arganbäumen – ein beliebtes Sujet bei Tagestrips in die Hügel der Region.
Im Hafen von Essaouira kitzelt Fischduft die Nasen. Die Fischer bieten ihre Ware gleich neben den Booten feil, darunter auch komische Kreaturen. Den appetitlichen Tagesfang gibts in den Bretterboxen entlang des grossen Platzes zwischen Hafen und Medina direkt ab Grill.
Zum Dessert kann man sich einen frisch gepressten Fruchtsaft von einem der Stände gönnen. Den Sonnenuntergang geniesst man am besten auf der Terrasse des anliegenden Restaurants Taros mit Bier und Blick auf Platzgewusel und Hafen. Zum Essen taucht man allerdings besser wieder ins Labyrinth der Medina ein. Ein lauschiges Plätzchen für währschafte einheimische Tajines findet sich beim Boutouil. Viel Spass bei der Suche.
- Fliegen: Mogador hat einen kleinen Flughafen. Ab Basel fliegt man aber am günstigsten mit EasyJet nach Marrakesch. Vom Flughafen dort mit Taxi (ca. 70 Euro, 2,5 Stunden) oder Bus (Taxi bis Busbahnhof und Bus, ca. 15 Euro, 4 Stunden).
- Schlafen: Es hat ein paar schmucke Airbnb-Angebote mit Blick auf Meer und Altstadt. Ansonsten lässt man sich am besten in einem der überaus gastfreundlichen Riads in der Medina verwöhnen, etwa dem www.riadchbanate.com.
- Käffelen: Für Frühstück, Saft und Snacks in der Medina ist der Marché aux Grains ein schöner Platz, Katzen streicheln inklusive.