Wegen illegaler Lauschangriffe auf Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und andere Regierungsvertreter sind in der Türkei acht Polizisten angeklagt worden. Nach Medienberichten vom Samstag wird den bei einer Grossrazzia am Dienstag festgenommenen Beamten zudem Dokumentenfälschung vorgeworfen.
Bei den Aufsehen erregenden Razzien waren insgesamt 115 Polizisten festgenommen worden. Nach Ansicht von Kritikern ist die Aktion wenige Wochen vor der Präsidentenwahl am 10. August politisch motiviert.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Polizisten vor, seit 2010 unter dem Vorwand einer fingierten Untersuchung namens «Selam-Tevhid» Regierungschef Erdogan, mehrere seiner Minister sowie Journalisten und den Geheimdienstchef Hakan Fidan abgehört zu haben. Laut der Justizbehörde wurden über drei Jahre hinweg insgesamt 2280 Menschen belauscht.
Machtkampf Gülen-Erdogan
Die Affäre um die Lauschangriffe wird in der Türkei allgemein als Teil des Machtkampfs zwischen Erdogans islamisch-konservativer Partei AKP und der Bewegung des islamischen Predigers Fetullah Gülen betrachtet.
Erdogan wirft dem einflussreichen Prediger und einstigen Weggefährten ein Komplott zum Sturz seiner Regierung vor. Die Gülen-Bewegung soll besonders in Polizei und Justiz zahlreiche Anhänger haben.
Mitte Dezember hatte die Justiz umfassende Korruptionsermittlungen gegen Politiker und Geschäftsleute aus dem Umfeld Erdogans eingeleitet. Daraufhin liess der Regierungschef tausende Polizisten, Richter und Staatsanwälte zwangsversetzen oder entlassen. Der in den USA lebende Gülen bestreitet, hinter den Korruptionsvorwürfen zu stehen und einen «Parallelstaat» in der Türkei aufgebaut zu haben.