Der Automobil Club der Schweiz (ACS) kommt nicht zur Ruhe: Nach dem Eklat an der Verbandsspitze ist zwischen dem Zentralpräsidenten Mathias Ammann und einer Mehrheit der Sektionen ein offener Machtkampf entbrannt. Ein Nachfolger steht bereits in den Startlöchern.
Wie aufgeheizt die Situation ist, zeigte sich am Dienstag: ACS-Präsident Ammann hatte zu einer Medienkonferenz geladen. Er wollte Sofortmassnahmen präsentieren, um wieder «Ruhe und Ordnung» in den Verband zu bringen.
Stattdessen goss Ammann Öl ins Feuer und wiederholte bekannte Vorwürfe: Was er in den vergangenen Wochen erlebt habe, seien «Intrigen» und «Putschversuche». Hinter seinem Rücken sei ein «Staatsstreich» vorbereitet worden, um ihn aus dem Amt zu drängen, sagte Ammann vor den Medien in Bern.
Als Beleg präsentierte er diverse persönliche E-Mails vom entlassenen ACS-Direktor Stefan Holenstein und von Ruth Enzler, Präsidentin der ACS-Sektion Zürich – ohne deren Einverständnis. Darin wird unter dem Codename «Projekt Louis XIV» der Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen als Nachfolger von Ammann aufgebaut. Holenstein und Enzler wollten auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda keine Stellung zu den veröffentlichten E-Mails nehmen.
Wasserfallen ist bereit
Die Wahl des Zentralpräsidenten wäre auf der Traktandenliste der Delegiertenversammlung von diesem Donnerstag gestanden. Das achtköpfige Direktionskomitee um Ammann entschied aber vergangene Woche, die DV bis zum 16. September zu verschieben. Daran hielt die ACS-Spitze auch am Dienstag fest.
12 der 19 ACS-Sektionen bestehen nun aber darauf, die Versammlung wie geplant durchzuführen. Sie liessen es nicht zu, dass «demokratische Grundregeln ausgehebelt werden», teilte die ACS-Sektion Zürich am Dienstag postwendend mit.
An der DV wollen die Sektionen Wasserfallen als Nachfolger von Ammann wählen. Lorenz Knecht, Geschäftsführer der ACS-Sektion Zürich, sagte auf Nachfrage, die DV finde unter allen Umständen statt. Weiterhin Interesse signalisiert auch Wasserfallen: «Meine Kandidatur steht», sagte er der sda. Nicht äussern wollte er sich zu seiner Rolle im «Projekt Louis XIV».
Ob eine allfällige Wahl gültig wäre, ist unklar. ACS-Präsident Ammann gab sich zuversichtlich: «Die Entscheide der Delegierten werden keine Gültigkeit haben.» Gemäss Statuten könnten die Sektionen nur eine ausserordentliche Delegiertenversammlung anberaumen.
«Ich bin kein Sesselkleber»
Präsident Ammann sperrt sich nicht mehr dagegen, neuen Kräften Platz zu machen. Einen Rücktritt könne er zum jetzigen Zeitpunkt zwar nicht verantworten. Sobald die Vorfälle aufgearbeitet seien, werde er abtreten, sagte Ammann. «Ich bin kein Sesselkleber.»
Abwarten will er die Ergebnisse der Geschäftsprüfungskommission (GPK), die alle im Raum stehenden Vorwürfe untersuchen soll. Zusammengesetzt ist die GPK aus ehemaligen ACS-Ehrenmitgliedern, Personen der Revisionsstelle und den Sektionen. Auf eine externe Untersuchung will das Direktionskomitee verzichten. Als wichtig erachtet die Spitze, dass alle «Lager» innerhalb des ACS vertreten sind.
Beteiligte weisen Vorwürfe zurück
Im Machtkampf an der Verbandsspitze war es bereits vergangene Woche zum Eklat gekommen: Der ACS entliess per sofort Direktor Stefan Holenstein. In den Tagen und Wochen zuvor hätten sich die Hinweise vermehrt, dass Holenstein arbeitsrechtliche Vorschriften nicht eingehalten habe, sagte Ammann. Er habe seine Kompetenzen überschritten und sich illoyal verhalten.
Unbeschadet ist aber auch Ammann nicht geblieben. Der Präsident der ACS-Sektion Graubünden und die ACS-Sektion Zürich zeigten den Zentralpräsidenten wegen Urkundenfälschung und ungetreuer Geschäftsbesorgung an. Amman wird vorgeworfen, ein rechtswidriges Spesenreglement erlassen zu haben. Holenstein und Ammann weisen die jeweiligen Vorwürfe zurück.
Damit die ordentlichen Geschäfte ohne grössere Probleme weitergeführt werden können, wurde bis auf weiteres Michael Gehrken als Generaldirektor ad interim eingesetzt. Als langjähriger Direktor des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbandes ASTAG bringe er das notwendige Know-how mit, sagte Ammann vor den Medien.