Mit dem heutigen Heimspiel gegen Vaduz (20.00 Uhr) beginnt für die Young Boys wieder einmal eine neue Epoche. Trainer Adi Hütter soll die chronisch erfolglosen Berner zum Erfolg zurückführen.
Viktor Hierländer und Fritz Gschweidl sind heute selbst einem eingeschworenen Fussballfan kaum noch bekannt. Es waren die beiden Österreicher, die vor respektive kurz nach dem zweiten Weltkrieg YB trainierten – ohne grossen Erfolg und jeweils nur für eine Saison. Unter Gschweidl spielten die Berner sogar nur in der Nationalliga B. Beide sind längst gestorben, der eine vor 35, der andere vor 45 Jahren.
Als dritter Österreicher versucht sich seit dieser Woche Adi Hütter in Bern. Wird er Erfolg haben? Wird er Erfolg haben, gerade weil er als nahe der Grenze aufgewachsener Vorarlberger nur ein halber Österreicher und dafür ein halber Schweizer ist?
Trainerwechsel unter der Saison gab es bei den Young Boys in der ganzen Vereinsgeschichte lange Zeit überhaupt keine. Der erste Trainer, der nicht in der Sommer- oder wenigstens in der Winterpause begann, war der Deutsche Gernot Rohr. Er kam im Oktober 2005 für Hans-Peter Zaugg. Der Deutsche begann seine unvorhergesehene Mission mit einem 1:1 bei den Grasshoppers und einem 3:1 daheim gegen Schaffhausen. Auch in den zehn Jahren seither waren unzeitige Trainerwechsel bei den Young Boys weniger häufig als bei Sion in manchen Saisons. Viermal spielte Assistent Erminio Piserchia den Feuerwehrmann, beim fünften Mal war es kürzlich Harald Gämperle. Martin Andermatt begann im Oktober 2006 mit einem 5:0-Heimsieg gegen Thun und einer 1:3-Niederlage in Luzern. Vladimir Petkovic gestaltete seinen Einstieg bei YB im August 2008 mit einem 2:1 daheim gegen Neuchâtel Xamax und einem 3:0 in Luzern.
Der Effekt des Neuen hat sich in Bern also bislang immer gut bis sehr gut eingestellt. Vaduz ist heute Samstag ein Gegner, der zumindest auf dem Papier für ein positives Debüt des Trainers wie geschaffen zu sein scheint. Auswärts haben die Liechtensteiner in dieser Saison noch keinen Punkt geholt und kein Tor geschossen.
Adi Hütter, der schon als Mittelfeldspieler besonders bei Salzburg in den Neunzigerjahren als ausgesprochene Führungspersönlichkeit gegolten hatte, konnte in seinen erst fünf Tagen in Bern nicht die Welt bewegen. Es fehlte ihm ein Drittel des Kaders wegen der Einsätze in den Nationalmannschaften und in den U21-Auswahlen. Er sah aber doch so viel, dass er sagen muss, die Mannschaft sei nach dem sehr mässigen Start – zuletzt lösten sich Siege und Niederlagen regelmässig ab – verunsichert.
«Ich bin kein Wunderwuzi», sagt der 14-fache Internationale mit dem Charme seiner Muttersprache. Er garantiert keineswegs, dass sich schnell Siege einstellen. Mit der Zeit aber sollen sie kommen. Sein Ziel ist es, bis Weihnachten so viele Punkte wie möglich einzufahren. Und dies mit der Spielweise, die seinem Credo entspricht: offensiv, aggressiv, attraktiv und auf ein konsequentes Offensiv-Pressing aufbauend.
Das Kurzfristige muss für Hütter gleichwohl wichtig sein. Im übernächsten Spiel ist die unangenehme Hürde Chiasso zu überspringen, damit YB im Cup weiterfahren kann. Und dann folgt das erste Spiel in einem grösseren Schaufenster, jenes unter der Woche auswärts gegen den FC Basel.
Die Spieler haben fürs erste einen guten Eindruck von ihrem neuen Chef gewonnen. Er sei einerseits gesprächig, sagen sie, andererseits jedoch auch dezidiert und deutlich. Hütter bringe seine Überlegungen schnell und klar herüber.
Adi Hütter, der seinen letzten Trainerposten in Salzburg aus freien Stücken verlassen hatte, wäre nicht nach Bern gekommen, wenn er nicht Grosses anstreben und das Potenzial dazu erkennen würde. «YB muss dorthin zurückkehren, wo die Mannschaft hingehört – an die Spitze», sagt er. Hütter hat regelmässigen Kontakt mit Österreichs erfolgreichem Nationalcoach Marcel Koller. Er hat den Zürcher kontaktiert, als es um die Frage ging, ob er sich überhaupt in der Schweiz anstellen lassen solle. Kollers Rat war offenbar wohlwollend.
St. Gallen mit Interimstrainer beim Leader
Ebenfalls heute um 20.00 Uhr trifft der bislang makellose Leader Basel auf St. Gallen. Die Ostschweizer ergatterten letzte Saison aus den Spielen gegen den überlegenen Meister stattliche 7 von 12 Punkten. Ob diesmal erneut die St. Galler den FCB bremsen können, ist angesichts der beeindruckenden Basler Startserie von 7 Siegen in 7 Meisterschaftsspielen fraglich. Basels Trainer Urs Fischer wird notgedrungen entweder Michael Lang oder Taulant Xhaka für die linke Verteidigerposition abstellen. Beim FCSG stellt Interimstrainer Daniel Tarone taktische Änderungen in Aussicht. Er verrät jedoch bis zum Match nichts im Detail.