Adoptionsverbot für Homosexuelle vor Gericht

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sich am Mittwoch mit der Frage beschäftigt, ob Homosexuelle grundsätzlich das Recht haben, das Kind ihres Partners zu adoptieren. Den 17 Richtern der Grossen Kammer des Strassburger Gerichts liegt die Klage zweier in fester Beziehung lebender Frauen aus Österreich vor.

Adoption verboten: Zwei Frauen mit ihrem Kind (Symbolbild) (Bild: sda)

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sich am Mittwoch mit der Frage beschäftigt, ob Homosexuelle grundsätzlich das Recht haben, das Kind ihres Partners zu adoptieren. Den 17 Richtern der Grossen Kammer des Strassburger Gerichts liegt die Klage zweier in fester Beziehung lebender Frauen aus Österreich vor.

Eine der Klägerinnen will den leiblichen Sohn ihrer Partnerin adoptieren, was die Behörden ablehnen. Die Frauen, die beide 45 Jahre alt sind, waren vergeblich durch alle Instanzen bis vor das österreichische Verfassungsgericht gezogen. Ein Urteil des des Strassburger Gerichts ist erst in mehreren Monaten zu erwarten.

«Nicht zwei Mütter und zwei Väter»

Das österreichische Recht basiere auf dem biologischen Grundsatz, dass jedes Kind «einen Vater und eine Mutter hat», argumentierte die Rechtsvertreterin der Regierung in Wien, Brigitte Ohms, vor dem Strassburger Gericht.

Zwar könnten auch unverheiratete Paare oder Einzelpersonen ein Kind adoptieren, aber nicht zwei Partner des gleichen Geschlechts. Im vorliegenden Fall lehne zudem der leibliche Vater die Adoption ab. Er habe zu seinem heute 17 Jahre alten Sohn den Kontakt aufrechterhalten und zahle für ihn auch Unterhalt.

Ohms räumte jedoch ein, dass die Adoption auch bei Zustimmung des Vaters abgelehnt worden wäre. Das österreichische Gesetz gehe davon aus, «dass ein Kind nicht zwei Mütter oder zwei Väter haben kann».

Verteidigung kritisiert «scheinheilige» Behörden

Der Rechtsvertreter des lesbischen Paares, Helmut Graupner, nannte dies «scheinheilig». In Österreich werde nach einer Adoption das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern – im Gegensatz zu anderen Ländern – nie ganz gekappt: Ein adoptiertes Kind könne beispielsweise von seinen leiblichen Eltern erben. Insofern hätten adoptierte Kinder in Österreich durchaus «zwei Mütter und zwei Väter».

Wenn gleichgeschlechtlichen Paaren die Adoption verwehrt bleibe, während selbst unverheiratete heterosexuelle Paare ein Recht darauf hätten, sei dies eine «klare Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung», argumentierte Graupner. Dies sei nur in fünf der 47 Europarats-Ländern der Fall – neben Österreich seien dies Andorra, Liechtenstein, Portugal und Rumänien.

Was ist im Interesse des Kindes?

Die beiden Frauen hätten den Jungen seit seinem 9. Lebensjahr gemeinsam aufgezogen und wie Eltern für ihn gesorgt, sagte der Anwalt. Dennoch habe die österreichische Justiz überhaupt nicht geprüft, ob die Verweigerung der Adoption durch den Vater im Interesse des Kindes und somit zulässig sei.

Die Gerichte hätten den Adoptionsantrag vielmehr von vornherein abgewiesen, weil es sich um ein lesbisches Paar gehandelt habe. Auch damit seien die Frauen von der Justiz benachteiligt worden.

In der Schweiz dürfen Ehepaare sowie Einzelpersonen Kinder adoptieren, wenn sie gewisse Voraussetzungen erfüllen. Ob die Einzelperson homo- oder heterosexuell ist, spielt im Gesetz keine Rolle. Dagegen können homosexuelle Paare, die in eingetragener Partnerschaft leben, keine Kinder adoptieren.

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