Nach der Enthauptung mehrerer Kopten hat die ägyptische Luftwaffe am frühen Montagmorgen Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Libyen angegriffen. Die Flugzeuge bombardierten Stellungen sowie Waffen- und Munitionslager des libyschen IS-Ablegers, wie es in einer Mitteilung der Armee hiess.
Am Sonntag war im Internet ein Video veröffentlicht worden, das die Enthauptung der Ägypter durch IS-Extremisten in Libyen zeigen soll. Anhänger der Terrormiliz hatten dort nach eigenen Angaben seit Wochen 21 koptische Christen aus Ägypten in ihrer Gewalt und sie mit dem Tod bedroht.
Ob das jüngste Video echt ist, war zunächst nicht unabhängig zu prüfen. Es war auch nicht klar, ob alle 21 Geiseln getötet wurden. Doch die Regierung in Kairo und die Koptische Kirche bestätigten die Ermordung der Geiseln.
Die Vereinten Nationen, die USA, die Vereinigten Arabischen Emirate und andere Länder, darunter die Schweiz, verurteilten die Tötungen mit scharfen Worten. Auch Papst Franziskus sagte, die Geiseln seien ermordet worden, nur weil sie christlichen Glaubens seien.
Ägypten fordert ein Eingreifen des UNO-Sicherheitsrates. Die internationale Gemeinschaft müsse neue Massnahmen ergreifen, um das Vordringen der IS-Miliz in Libyen zu verhindern, hiess es am Montag nach einem Telefongespräch der Präsidenten Frankreichs und Ägyptens, François Hollande und Abdel Fattah al-Sisi.
Bürgerkriegsähnliche Zustände
In Libyen sorgen Extremisten seit Monaten für Unruhe. Mit Islamisten verbündete Milizen hatten vergangenes Jahr die Hauptstadt Tripolis besetzt. Die international – auch von Ägypten – anerkannte Regierung musste in den Osten des Landes ausweichen.
Nach US-Angaben hatten sowohl Ägypten als auch die Vereinigten Arabischen Emirate bereits in der Vergangenheit an geheimen Luftschlägen gegen islamistische Kräfte in Libyen mitgewirkt.
Unterschiedliche Reaktion in Libyen
Das international nicht anerkannte Parlament in der libyschen Hauptstadt Tripolis verurteilte die Angriffe der ägyptischen Luftwaffe. Der Beschuss sei eine «Attacke gegen die Souveränität Libyens» sagte ein Sprecher.
Der international anerkannte Regierungschef Abdullah al-Thinni sprach sich für ausländische Interventionen aus. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters sagte Al-Thinni, die «Weltmächte» sollten «militärische Angriffe» gegen die dschihadistischen Milizen IS und Al-Kaida starten.
Gaddafis Militäranlagen von Dschihadisten genutzt
Nach Angaben des ägyptischen Aussenministeriums wurden überwiegend Ziele in der östlichen Region Derna bombardiert. Sie gilt als Hochburg jener Terrorgruppe, die im Oktober dem IS die Treue schwor. Sie hat sich nach eigener Darstellung nun in einen ost- und einen westlibyschen «Staat» zu Diensten der IS-Miliz unterteilt.
Laut der Zeitung «Libya Herald» wurden unter anderem Militäranlagen aus der Zeit von Machthaber Muammar al-Gaddafi im Süden und Südosten von Derna bombardiert, die inzwischen von den Dschihadisten genutzt würden.
In einer Mitteilung des ägyptischen Militärs hiess es, Kampfflugzeuge hätten Waffenverstecke und Übungscamps der Terroristen angegriffen. Nach Angaben der libyschen Luftwaffe waren auch eigene Maschinen an den Luftschlägen beteiligt. Die Kampfjets hätten Ziele nahe der Städte Bengasi und Sirte angegriffen, sagte Stabschef Sakir al-Dschuruschi der libyschen Nachrichtenseite «Al-Wasat».
Staatstrauer in Ägypten
Ägyptens Regierung rief eine siebentägige Trauerzeit aus. Staatschef Al-Sisi sagte: «Diese feigen Aktionen werden nicht unsere Entschlossenheit unterminieren.» Die Koptische Kirche wandte sich an ihre Gläubigen. «Sie können gewiss sein, dass ihre grosse Nation nicht ruhen werde, bis Vergeltung an den niederträchtigen Kriminellen geübt wird.»