Ägyptens Präsident Abdel Farrah al-Sissi hat nach den Anschlägen auf zwei koptische Kirchen den Ausnahmezustand verhängt. Dieser trete für drei Monate in Kraft, sobald die verfassungsrechtlichen Schritte dazu vollzogen seien, sagte er in einer Fernsehansprache.
Darüber hinaus würden ein Reihe von Zusatzmassnahmen ergriffen. Zuvor hatte Sissi bereits den landesweiten Einsatz des Militärs angeordnet. Die Armee soll die Polizei beim Schutz von wichtigen Einrichtungen unterstützen.
Der ägyptische Präsident reagiert damit auf zwei Bombenanschläge auf koptische Kirchen im Norden Ägyptens. Dabei wurden mindestens 45 Menschen getötet. Rund 120 wurden verletzt. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Anschläge für sich.
Wie das ägyptische Gesundheitsministerium mitteilte, starben bei der Bombenexplosion in Tanta mindestens 29 Menschen, wenige Stunden später wurden in der St. Markus-Kathedrale in Alexandria mindestens 16 weitere getötet. Dort hatte auch das Oberhaupt der Kopten, Papst Tawadros II., Palmsonntag gefeiert. Er blieb unverletzt.
Weitere Anschläge vereitelt
Noch Schlimmeres konnte möglicherweise verhindert werden, weil Sicherheitskräfte nach Angaben des Innenministeriums den Selbstmordattentäter von Alexandria am Betreten der St.-Markus-Kathedrale hinderten. Der Mann habe sich dann in die Luft gesprengt. Papst Tawadros II. hatte die Kirche zu dem Zeitpunkt schon verlassen, wie ein Kirchensprecher sagte.
«Die Explosion ereignete sich in den vorderen Reihen, in der Nähe des Altars während der Messe», sagte Vize-Innenminister Tarek Atija der Nachrichtenagentur AFP über den Anschlag in der Mar-Girgis-Kirche in Tanta, 120 Kilometer nördlich von Kairo.
Ägyptische Privatsender zeigten Bilder von blutverschmierten Kirchenwänden und zerstörten Holzbänken in Tanta. Die Zahl der Toten stieg rasch von anfangs 13 auf 29, zudem wurden laut Gesundheitsministerium rund 80 Menschen verletzt. Der ägyptische Regierungschef Scherif Ismail bekräftigte als Reaktion auf den ersten Anschlag Ägyptens Willen, den «Terrorismus auszulöschen».
Der Sprecher des Aussenministeriums, Ahmed Abu Seid, erklärte, der Anschlag in Tanta sei «ein misslungener Angriff auf unsere Einheit». Das einflussreiche sunnitische Al-Ashar-Institut in Kairo sprach ebenfalls von einem Versuch, die Sicherheitslage in Ägypten und «die Einheit der Ägypter zu destabilisieren».
Bereits wenige Stunden nach der Bluttat in Tanta wurde die koptische Gemeinde erneut von einem Anschlag erschüttert. Dieses Mal traf es die St. Markus-Kathedrale in Alexandria und damit den Sitz ihres Oberhauptes, Papst Tawadros II. Dabei starben 16 Menschen. Weitere 41 Menschen wurden verletzt.
Zwei IS-Selbstmordattentäter
Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Taten für sich. Zwei Selbstmordattentäter hätten die Anschläge verübt. Der IS drohte mit neuer Gewalt gegen Christen. Die «Kreuzzügler» und «Ungläubigen» würden mit dem Blut ihrer Söhne bezahlen, hiess es in einer Mitteilung im Namen des Islamischen Staates, die am Sonntag über IS-nahe Kanäle veröffentlicht wurde.
Wie Christen in aller Welt hatten die Kopten in Tanta und Alexandria Palmsonntag gefeiert und sich damit auf das Osterfest in einer Woche vorbereitet. Die Kopten sind die grösste christliche Glaubensgemeinschaft im Nahen Osten und machen etwa zehn Prozent der 90 Millionen Einwohner Ägyptens aus. Die Minderheit sieht sich immer wieder gewaltsamen Angriffen ausgesetzt.
Im Dezember vergangenen Jahres hatte sich ein Selbstmordattentäter während einer Sonntagsmesse in der koptischen Kirche St. Peter und Paul in Kairo in die Luft gesprengt. 29 Menschen wurden damals getötet. Am Neujahrstag 2011 waren bei einem Anschlag auf Kopten in Alexandria mehr als 20 Menschen getötet worden.
Der Papst in Ägypten
Papst Franziskus wird Ägypten am 28. und 29. April besuchen. Dabei will er auch seine Solidarität mit den Kopten zum Ausdruck bringen. Nach dem ersten Anschlag vom Sonntag sprach Franziskus der koptischen Gemeinde sein Mitgefühl aus.
«Möge Gott die Herzen derjenigen bekehren, die Terror, Gewalt und Tod säen und auch die Herzen derjenigen, die Waffen herstellen und damit handeln», sagte der Papst während des Angelus-Gebets.