Zehntausende haben am Mittwoch in Kairo des Beginns der Revolte gegen Staatschef Husni Mubarak vor einem Jahr gedacht. Anhänger verschiedener politischer Richtungen versammelten sich getrennt voneinander auf dem Tahrir-Platz – ein Abbild der politischen Gräben, die sich in Ägypten auftun.
Der symbolträchtige Platz war der Hauptschauplatz der Proteste, in deren Folge Mubarak am 11. Februar 2011 zurücktrat. „Feier zum ersten Geburtstag“, stand auf einem grossen Spruchband. Viele Menschen hielten ägyptische Flaggen in den Händen, auch Porträts von Militärratschef Hussein Tantawi waren zu sehen.
Zugleich machten viele Anhänger der prodemokratischen Bewegung und der Linken ihrer Wut über den Militärrat Luft, der das Land heute regiert. „Sturz der Militärherrschaft“, stand auf einem Schild geschrieben, und als eine Militärkapelle patriotische Lieder spielte, riefen einige Menschen: „Nieder mit der Militärmacht!“
Vorwürfe gegen Militärregierung
Zahlreiche Ägypter werfen der Militärführung vor, das Land weiterhin autoritär zu regieren. Nicht so die islamischen Parteien: Seit sie siegreich aus der Parlamentswahl hervorgegangen sind, stellen sie sich gegen eine Neuauflage der Revolution.
Der derzeit noch regierende Militärrat hatte den 25. Januar zum Feiertag erklärt und wollte diesen mit Paraden und Feuerwerken begehen. Militär und Polizei liessen sich in der Umgebung des Platzes, der von „Volkskomitees“ abgeriegelt wurde, nicht blicken.
Sie sicherten lediglich nahe gelegene öffentliche Gebäude wie das Parlament und das Innenministerium. Sowohl in Kairo als auch bei einer Kundgebung in Alexandria kam es vereinzelt zu Prügeleien von Anhängern der verschiedenen Lager.
„Schläger“ ausgenommen
Am Dienstag hatte Tantawi für Mittwoch die weitgehende Aufhebung der seit Jahrzehnten geltenden Notstandsgesetze in Ägypten angekündigt, jedoch Ausnahmen für von „Schlägern“ begangene Vergehen erlassen.
Seit der Machtübernahme des Militärrats wurden mindestens 12’000 Zivilpersonen vor Militärgerichte gestellt; allein seit Oktober wurden mehr als 80 Demonstranten von Soldaten getötet.
Konzessionen zum Jahrestag
Als wolle er die Befürchtungen in Teilen der Bevölkerung zerstreuen, machte der Militärrat zum Jahrestag der Revolte Konzessionen: Er begnadigte etwa 2000 Menschen, die von Militärgerichten verurteilt worden waren. Noch weitere rund tausend Gefangene kämen wegen „guter Führung“ frei, hiess es.