Die siebenjährige Tochter des im französischen Annecy erschossenen Ehepaars ist bei Bewusstsein. Sie war mit Schädelfrakturen ins künstliche Koma versetzt worden. Ihre unverletzte vierjährige Schwester kehrte unterdessen nach England zurück.
Dies teilte der zuständige Staatsanwalt in Annecy mit. Das Ehepaar, eine verwandte ältere Frau und ein offenbar zufälliger Passant auf einem Velo waren am vergangenen Mittwoch auf einem Waldparkplatz in Annecy nahe der Schweizer Grenze erschossen worden.
Die vierjährige Tochter überlebte unverletzt, weil sie sich unter der Leiche der Mutter versteckte. Auf ihrer Rückreise nach England wurde sie von Verwandten begleitet.
Ermittlungen auf Hochtouren
Am Sonntag suchten die Ermittler weiter das Gebiet um den Tatort ab. Zuvor waren bereits die Behörden der Schweiz und Italiens mobilisiert worden, da beide Länder nur anderthalb Stunden von dem Ort des Blutbads nahe Annecy in Ostfrankreich entfernt sind. Staatsanwalt Maillaud zufolge wurden die vier Personen durch jeweils zwei Kopfschüsse getötet.
Am Tatort seien etwa 25 Patronenhülsen gefunden worden. Die Aktion soll nicht länger als 30 Sekunden gedauert haben. Angesichts der vielen Schüsse wurden Zweifel laut, dass es sich um einen Einzeltäter handelte. Maillaud schloss dies aber nicht aus. Ermittler Benoit Vinneman sagte am Sonntag, es werde auch der Theorie eines „Verrückten“ nachgegangen.
Experten der Spurensicherung suchten am Sonntag auch weiter im Haus der Familie in Claygate, 25 Kilometer südwestlich von London. Die Suche solle den Beamten helfen, sich ein Bild der Familie zu machen, hatte der französische Staatsanwalt Eric Maillaud am Samstag gesagt.
Es sollte aber keine voreiligen Schlüsse geben, wonach die Familie sich zu einer Zielscheibe gemacht habe. Die Durchsuchung sollte bis mindestens Montag dauern. Der französische Ermittlungsleiter in Grossbritannien, Marc de Tarle, sprach vor einer „langen und komplexen Ermittlung“.
„Ein freier Mann“
Zudem sollte erneut der Bruder des getöteten Familienvaters befragt werden. Dieser könnte möglicherweise Geldstreitigkeiten mit seinem Bruder gehabt haben. Er war jedoch von sich aus bei der Polizei erschienen, um Informationen zu der Bluttat zu bekommen. Geldstreitigkeiten mit seinem Bruder bestritt er.
Der Bruder werde als Zeuge verhört. „Er ist ein freier Mann“, betonte Staatsanwalt Maillaud. Auch französische Fahnder sollten an der Befragung in England teilnehmen.
Maillaud hatte erklärt, dass alle Menschen aus dem unmittelbaren Umfeld der Familie befragt würden. Ein Cousin der Brüder sagte am Sonntag, er wisse weder etwas von einem Streit noch über eine vermeintliche Erbschaft des im vergangenen Jahr in Spanien verstorbenen Vaters der beiden.
Der Bruder des Getöteten sei „verzweifelt“ und „schockiert“ über das Verbrechen, sagte der in Australien lebende Cousin der Zeitung „Sunday Telegraph“. Ein Freund der Familie, James Matthews, sagte Polizei sucht fieberhaft nach Spuren im Gewaltverbrechen von Annecydem Blatt dagegen, der Familienvater sei vor der Abreise nach Frankreich „nicht in einem normalen Zustand“ gewesen.