Das Öffentlichkeitsprinzip setzt sich in der Schweiz nur langsam durch. In Streitfällen hat der Öffentlichkeitsbeauftragte des Bundes im Jahr 2015 sehr oft die zurückhaltende Zugangspraxis der Verwaltung korrigiert.
Die Durchsicht der vom Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) erlassenen Empfehlungen zeigt, dass einige Verwaltungsstellen auch fast zehn Jahre nach Einführung des Öffentlichkeitsprinzips noch immer «Mühe mit einer guten Umsetzung» des Gesetzes haben. Dies teilte der Verein Öffentlichkeitsgesetz.ch am Mittwoch mit.
Oft versäumen die Verwaltungsstellen, ihre Zugangsverweigerung zu einem amtlichen Dokument klar zu begründen und die nötige Interessenabwägung vorzunehmen, wie es weiter heisst.
Seco, BLW und SEM sind«Dauerkunden»
Dauerkunden bei der Transparenz-Schlichtungsstelle des Bundes waren 2015 das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und das Staatssekretariat für Migration (SEM). Diese drei Ämter machten gemäss Mitteilung fast einen Drittel der behandelten Dossiers aus.
Von 55 abgegebenen Empfehlungen gab der EDÖB 41 Medienschaffenden, Privatpersonen oder Interessenvertreter ganz oder teilweise Recht, als sie sich gegen abschlägige Antworten der Verwaltung zur Wehr setzten.
Transparenz gegen den Willen Dritter
In den 2015 abgeschlossenen Schlichtungen wird deutlich, dass die Verwaltung aber immer wieder auch bereit ist, Transparenz gegen den Willen von Dritten durchzusetzen.
So sträubten sich Verlage dagegen, ihre Postsubventionen bekannt zu geben. Sie sahen Geschäftsgeheimnisse verletzt. Das Bundesamt für Kommunikation und der Öffentlichkeitsbeauftragte hatten sich hingegen für eine Offenlegung der Presseförderungs-Daten stark gemacht.
In einem Bericht zu einer Administrativuntersuchung im Bundesamt für Statistik wollte das Generalsekretariat von Bundesrat Alain Berset die Namen von Verwaltungsangestellten nennen. Die Betroffenen wehrten sich gegen eine Publikation, bekamen vom EDÖB aber nicht Recht: Höhere Verwaltungsangestellte könnten keinen umfassenden Persönlichkeitsschutz geltend machen, argumentierte er.
Mitte Jahr kam der EDÖB zum Schluss, dass Direktzahlungen und Ökobeiträge ohne Gesetzesanpassungen offen gelegt werden können. Beträge, die Landwirten vergütet werden, könnten bekannt gegeben werden, ohne dass die Betroffenen einzeln angehört werden müssen.
Es liege im öffentlichen Interesse zu wissen, wie diese Steuergelder eingesetzt werden, befand der EDÖB. Seine Empfehlung fiel jedoch auf steinigen Boden. Das Bundesamt für Landwirtschaft publiziert immer noch keine Direktzahlungsdaten.