In Syrien werden Verletzte und medizinisches Personal von den Regierungstruppen und den Sicherheitskräften gezielt angegriffen und bedroht. Dies berichten Mitarbeiter der Médecins sans Frontières (MSF). Die Organisation, die in Syrien nicht arbeiten darf, hatte heimlich mehrere Teams in das Land geschickt.
Die MSF-Vertreter berichteten aus den Städten Homs und Idlib, wo die Opposition besonders stark ist. „Mit Patienten erwischt zu werden ist genauso, wie mit einer Waffe erwischt zu werden“, wurde ein Chirurg in einem Dorf in Idlib von MSF zitiert.
„Die Atmosphäre in den meisten medizinischen Einrichtungen ist extrem gespannt.“ Die Mitarbeiter leisteten nur Erste Hilfe, um im Fall eines militärischen Einsatzes die Einrichtungen rasch räumen zu können.
„Mehrere syrische Kollegen werden vermisst“, sagte am Dienstag die Leiterin der MSF-Einsätze in Paris, Marie-Noelle Rodrigue. Die Behörden und alle Kriegsparteien müssten sicherstellen, dass die Mediziner ohne Angst vor Repressalien arbeiten könnten.
Aktivisten meldeten, die Regierungstruppen hätten am Dienstag landesweit 35 Menschen getötet. Die meisten Opfer habe es in Tartus, Damaskus-Land, Hama und Deir al-Sur gegeben.
Seit Mitte April gilt in Syrien eigentlich ein Waffenstillstand, der aber immer wieder gebrochen wird. Seit dem Beginn des Aufstandes gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad vor 14 Monaten stieg die Zahl der Getöteten auf mehr als 12’000.
Regierung vermeldet Wahlbeteiligung
Ungeachtet der anhaltenden Gewalt verkündete die syrische Regierung, an der Parlamentswahl in der vergangenen Woche hätten sich 51,26 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt. Diese Zahl wird von der Opposition, die zum Wahlboykott aufgerufen hatte, allerdings in Zweifel gezogen. Sie geht von einer Wahlbeteiligung von maximal 20 Prozent aus.
Nach Angaben von Politikern in Damaskus konnten sich die Baath-Partei von Präsident Assad und ihre Verbündeten 200 der insgesamt 250 Mandate sichern. Assad hatte diese erste Wahl nach der Zulassung neuer Parteien als Meilenstein auf seinem Weg der demokratischen Reform dargestellt. Regimekritiker sprachen dagegen von einem „lächerlichen Theaterstück“.
Die Islamistengruppe Al-Nusra-Front bestritt unterdessen, sich zu dem Doppelanschlag vom vergangenen Donnerstag in Damaskus bekannt zu haben. In einer Erklärung vom 13. Mai, die am Dienstag auf islamistischen Webseiten veröffentlicht wurde, bezeichnete die Gruppe ein angebliches Bekennervideo als Fälschung.