Der Bundesvorstand der rechtspopulistischen deutschen AfD hat ein Parteiausschlussverfahren gegen den Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke beschlossen. Ein entsprechender Antrag erhielt in einer Telefonkonferenz die erforderliche Zweidrittelmehrheit.
Das teilte die Parteispitze am Montag mit. Begründet wurde die Massnahme mit der Rede zum deutschen Geschichtsverständnis, die der frühere Geschichtslehrer Höcke am 17. Januar in Dresden gehalten hatte.
Darin hatte er eine «erinnerungspolitische Wende um 180 Grad» gefordert und beklagt, die positiven Elemente der deutschen Historie würden im Vergleich zu den Gräueltaten aus der Zeit des Nationalsozialismus nicht genügend beachtet.
Zu den Vorstandsmitgliedern, die in Höckes Äusserung ein parteischädigendes Verhalten sehen, zählen AfD-Chefin Frauke Petry und die Spitzenkandidatin der baden-württembergischen AfD für den Bundestag, Alice Weidel.
Höcke gelassen
Der zweite Parteivorsitzende, Jörg Meuthen, stimmte nach eigenen Worten gegen das Ausschlussverfahren. «Ich glaube nicht, dass dieses Verfahren aussichtsreich ist, und ich halte es auch nicht für richtig, obwohl diese Rede wirklich sehr daneben war», sagte er der Nachrichtenagentur dpa.
Höcke habe «an keiner Stelle die Ordnung der Partei verletzt», sagte Gauland im Mitteldeutschen Rundfunk. Es solle alles vermieden werden, was zu einer Spaltung oder Abspaltung führen könnte, warnte Gauland und fügte hinzu: «Das wäre eine».
Höcke selbst reagierte mit Unverständnis auf das Parteiausschlussverfahren: Er habe die Entscheidung des Bundesvorstands «mit Bedauern und in tiefer Sorge um die Einheit der Partei zur Kenntnis genommen», sagte er am Montag in Erfurt.
«Es ist meine Überzeugung, dass ich weder gegen die Satzung noch die Grundsätze der Partei verstossen habe», fügte Höcke hinzu. Er sehe dem Verfahren vor dem parteiinternen Schiedsgericht «gelassen entgegen».
Schiedsgerichte entscheiden
Über den Antrag auf Parteiausschluss Höckes muss nun zunächst das Landesschiedsgericht des AfD-Landesverbandes Thüringen befinden. In zweiter Instanz wäre das Bundesschiedsgericht zuständig. Im Bundesschiedsgericht sind etliche Anhänger des rechtsnationalen Flügels der AfD vertreten, den Höcke zusammen mit Vorstandsmitglied André Poggenburg gegründet hatte.
Das Schiedsgericht hatte zuletzt mehrere Entscheidungen des Bundesvorstandes gekippt. Dazu zählten die von der Parteispitze geforderte Auflösung des saarländischen Landesverbandes wegen Kontakten in rechtsradikale Kreise und ein generelles Verbot von Auftritten der AfD-Politiker bei Veranstaltungen des islamfeindlichen Pegida-Bündnisses.
Direkt nach dem Auftritt Höckes in Dresden hatte die Parteispitze «Ordnungsmassnahmen» gegen Höcke beschlossen, ohne diese jedoch konkret zu benennen. «Die Massnahme erfolgte nach eingehender juristischer Prüfung und politischer Bewertung der Rede Björn Höckes vom 17. Januar 2017 in Dresden», teilte die AfD nun mit.
Partei im Aufwind
Die Alternative für Deutschland (AfD) war erst 2013 von Eurokritikern gegründet worden. Seither gelang ihr der Einzug in 10 von 16 Landesparlamenten und ins EU-Parlament. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern ist sie zweitstärkste Partei.
Sie hat auch beste Chancen im September in den Bundestag einzuziehen. Da sie für keine andere Partei als Koalitionspartner in Frage kommt, dürfte dies die Mehrheitsbildung im nationalen Parlament erschweren.