Weder der IT-Mitarbeiter noch der Thurgauer SVP-Kantonsrat Hermann Lei wollen in der Affäre Hildebrand das Bankgeheimnis verletzt haben. Sie schieben sich gegenseitig die Schuld zu: Der andere sei die treibende Kraft gewesen, sagen beide sinngemäss.
Der IT-Mitarbeiter einer Bank, der die privaten Kontodaten des damaligen Nationalbankpräsidenten Philipp Hildebrand kopiert hatte und am Ende dessen Fall herbeigeführt hatte, will kein Whistleblower sein.
Er habe die vertraulichen Daten nicht in die Öffentlichkeit hinausgetragen, sagte dessen Verteidiger am Mittwoch vor dem Bezirksgericht Zürich. Sein Mandant sei mit den in seinen Augen heiklen Daten vielmehr zu seinem Anwalt, seinem ehemaligen Schulkollegen Hermann Lei, gegangen, um ihn um Rat zu fragen.
Denn als «gewissenhafter Mensch» habe er wissen wollen, ob er als Bankangestellter etwas unternehmen müsse oder nicht, sagte der Verteidiger. Es sei dann Lei gewesen, der Druck gemacht habe, Politiker und Journalisten zu informieren. Der Verteidiger sprach in diesem Zusammenhang gar von Nötigung.
Deshalb verlangte er für seinen Mandanten, der auf Grund eines Arztzeugnisses von der Teilnahme an der Verhandlung dispensiert war, einen Freispruch vom Vorwurf der Bankgeheimnisverletzung.
Lei: «Ich habe dieses Wissen nicht gesucht»
Einen Freispruch forderten auch der Thurgauer SVP-Kantonsrat und Anwalt Hermann Lei und dessen Verteidiger. Sein früherer Schulkollege, der IT-Mitarbeiter, sei ja an ihn herangetreten, sagte Lei. «Ich habe dieses Wissen nicht gesucht.»
Laut Lei sei sein ehemaliger Kollege «besessen von der Idee» gewesen, die Informationen über die privaten Devisengeschäfte auf Hildebrands Konto an die Medien weiterzureichen.
Das betonte auch Leis Verteidiger: «Die Drähte liefen zwischen den beiden heiss, die Kommunikation hatte aber nur eine Richtung.» Der IT-Mitarbeiter habe Lei belagert und mit Mails richtiggehend zugemüllt. Dieser habe sich in den Fall verbissen.
Druck auf die Nationalbank machen
Für die Staatsanwältin war hingegen klar: Der IT-Mitarbeiter hat sich der Bankgeheimnisverletzung schuldig gemacht, Lei der Gehilfenschaft und Anstiftung dazu. Sie plädierte am Mittwoch auf eine bedingte Freiheitsstrafe von zwölf Monaten für den Bankangestellten sowie auf eine bedingte Geldstrafe von 150 Tagessätzen für Lei.
Als Motiv nannte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer, dass die beiden Beschuldigten der Politik der Nationalbank grundsätzlich kritisch gegenüber standen. Zudem hätten sie sich über die in ihren Augen kritischen Devisengeschäfte Hildebrands empört. Mit den Bankdaten wollten sie offenbar Druck auf die Nationalbank machen.
Urteil wird in zwei Wochen eröffnet
Ob sich nun der IT-Mitarbeiter, Hermann Lei oder beide strafrechtlich etwas vorwerfen lassen müssen, wird sich in zwei Wochen weisen. Das Bezirksgericht Zürich wird am 13. April das Urteil eröffnen.
Klar und unbestritten waren nach dem neunstündigen Prozesstag einzig die Eckpunkte in der Affäre Hildebrand. Demnach kopierte der IT-Bankmitarbeiter im Oktober 2011 die Bankdaten von Hildebrand.
Auf diesem privaten Konto schien der Kauf und der Verkauf von US-Dollar auf – und dazwischen lag der Entscheid der Nationalbank, einen Euromindestkurs von 1,20 Franken einzuführen.
Mit den Daten und dem Verdacht auf Insidergeschäfte suchte der IT-Mitarbeiter Lei auf. Die beiden informierten daraufhin mehrere Politiker, unter anderem den damaligen SVP-Nationalrat Christoph Blocher sowie Journalisten.
Es gibt keine weiteren Verfahren
Weitere Verfahren in der Affäre Hildebrand gibt es nicht. Der Nationalbankpräsident trat zwar im Januar 2012 zurück. Er begründete den Schritt aber damit, dass er nicht in der Lage sei, zweifelsfrei zu beweisen, dass seine damalige Frau die publik gewordenen Devisengeschäfte getätigt habe.
Die Staatsanwaltschaft eröffnete gegen Hildebrand kein Verfahren wegen Insidergeschäften. Die Verfahren gegen Blocher und andere Politiker im Zusammenhang mit der Bankgeheimnisverletzung wurden eingestellt.