Afghanen wählen neuen Präsidenten – grosser Andrang bei Wahl

Bei der Präsidentenwahl in Afghanistan haben Millionen Afghanen den Weg für die erste demokratische Machtübergabe in der Geschichte des Landes freigemacht. Die Wählerinnen und Wähler trotzten am Samstag den Drohungen der Taliban, denen es nicht gelang, die Abstimmung massiv zu stören.

Afghaninnen vor einem Wahllokal in Dschalalabad östlich von Kabul (Bild: sda)

Bei der Präsidentenwahl in Afghanistan haben Millionen Afghanen den Weg für die erste demokratische Machtübergabe in der Geschichte des Landes freigemacht. Die Wählerinnen und Wähler trotzten am Samstag den Drohungen der Taliban, denen es nicht gelang, die Abstimmung massiv zu stören.

Wegen des grossen Andrangs verlängerte die Wahlkommission (IEC) die Öffnungszeit der Wahllokale um eine Stunde. In Wahllokalen in mehreren Provinzen gingen die Wahlzettel aus, die nach IEC-Angaben aus den Provinzhauptstädten nachgeliefert wurden. Laut IEC beteiligten sich rund sieben Millionen der mehr als zwölf Millionen Wahlberechtigten an der historischen Abstimmung.

Der scheidende Präsident Hamid Karsai regiert seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001. Er durfte nach der Verfassung nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren. Die Abstimmung markiert den ersten demokratischen Machtwechsel in der Geschichte des Landes. Karsai sagte am Samstagabend in einer Ansprache an die Nation: „Wir haben der Welt gezeigt, dass wir eine Demokratie sind.“

Acht Kandidaten bewarben sich um die Nachfolge Karsais. Als Favoriten gelten die früheren Aussenminister Abdullah Abdullah und Salmai Rassul sowie Ex-Finanzminister Ashraf Ghani. Sollte kein Bewerber eine absolute Mehrheit erhalten, ist für den 28. Mai eine Stichwahl vorgesehen. Erste vorläufige Teilergebnisse der Wahlkommission werden erst gegen Mitte der kommenden Woche erwartet.

Geschlossene Wahlzentren – mehrere Tote

Aufgrund der schlechten Sicherheitslage mussten nach IEC-Angaben am Wahltag weitere 205 Wahlzentren geschlossen bleiben – 748 andere waren schon vor der Abstimmung für geschlossen erklärt worden. 6212 Wahlzentren im Land seien geöffnet gewesen, teilte die IEC mit.

Statt der von den Taliban angedrohten Welle von Anschlägen auf Wahllokale kam es nur zu vereinzelten Zwischenfällen. Vize-Innenminister Mohammad Ajub Salangi sagte, landesweit seien Dutzende Aufständische durch afghanische Sicherheitskräfte getötet worden.

Die Behörden teilten zu den Provinzen mit, in Badghis sei ein Wähler getötet worden. Auch in Logar war ein Todesopfer zu beklagen, als in einem Wahlzentrum ein Sprengsatz detonierte. In Parwan und Wardak seien Wahllokale beschossen worden. Bei einem Selbstmordanschlag in Chost sei nur der Attentäter gestorben. In Ghasni sei ein Selbstmordattentäter von Polizisten erschossen worden.

Festung Kabul

Die Taliban hatten ihre Angriffe zuletzt verstärkt, um die Wahlen zu stören. Unter anderem waren auf die Büros der afghanischen Wahlkommission innerhalb einer Woche zwei Anschläge verübt worden. Erst am Freitag war bei einem Angriff im Osten des Landes eine renommierte deutsche Kriegsfotografin getötet worden.

Zur Wahl waren die 352’000 afghanischen Sicherheitskräfte in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden. In der Hauptstadt Kabul – wo spektakuläre Anschläge befürchtet worden waren – blieb es ruhig.

Die Stadt wurde zur Festung ausgebaut, Sicherheitskräfte errichteten etliche Checkpoints. Trotz schlechtem Wetter bildeten sich Schlangen an den Wahllokalen. Auch in der Stadt Herat im Westen, in Dschalalabad im Osten und Kandahar im Süden wurden lange Schlangen von Wählern beobachtet.

Wahlbetrug befürchtet

Sorgen bereitete potenzieller Wahlbetrug. Afghanische Wahlbeobachter stellten der Wahl nach einer vorläufigen Bewertung aber ein zufriedenstellendes Zeugnis aus. „Die Gesamtbewertung deutet bislang darauf hin, dass der Wahlprozess gut lief“, teilte die Stiftung für Transparente Wahlen (Tefa) mit.

Der neue Präsident des Landes steht vor gewaltigen Herausforderungen. Denn die Verhandlungen mit den Taliban über eine Einbindung in den Friedensprozess liegen seit längerem auf Eis. Ausserdem blüht die Korruption. Der Drogenanbau ist auf dem Vormarsch.

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