Die Afrikanische Union (AU) will äthiopischen Angaben zufolge bei der UNO einen Antrag stellen, um die Prozesse gegen Kenias Präsident Uhuru Kenyatta und seinen Vize William Ruto in Den Haag zu verschieben. Das teilte Äthiopien, das derzeit den AU-Vorsitz innehat, mit.
Auch das Verfahren gegen den sudanesischen Staatschef Omar al-Baschir vor dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) solle hinausgeschoben werden, erklärte am Freitagabend der äthiopische Aussenminister Tedros Adhanom Ghebreyesus.
«Amtierende Staats- und Regierungschefs dürfen während ihrer Tätigkeit nicht verfolgt werden», rechtfertigte er das Vorhaben nach einem Sondertreffen mit den Chefdiplomaten afrikanischer Staaten.
Deshalb solle nun eine Kontaktgruppe eingerichtet werden, um den UNO-Sicherheitsrat davon zu überzeugen, seinen Einfluss «gemäss Artikel 16 des Status von Rom» zu nutzen.
Gemäss dieses Abschnitts der Rechtsgrundlage für die Arbeit des ICC kann der Sicherheitsrat vom Gerichtshof verlangen, die Strafverfolgung eines Beschuldigten für ein Jahr auszusetzen. Faktisch kann solch eine Pause jedes Jahr aufs Neue verlängert werden.
Kenyatta und Ruto sind in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Baschir werden Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der westsudanesischen Unruheregion Darfur vorgeworfen. Der ICC sucht ihn deswegen mit internationalem Haftbefehl.
Staaten ziehen Rückzug vom ICC in Erwägung
Der Umgang mit dem Strafgerichtshof ist am (heutigen) Samstag Thema eines Sondertreffens beim AU-Gipfel in Addis Abeba. An dem Treffen soll Tedros zufolge ein entsprechender Resolutionsentwurf vorgelegt werden.
Unter den insgesamt 122 Staaten, die das Statut von Rom unterzeichneten, sind 34 Länder aus Afrika. Einige von ihnen ziehen einen Rückzug in Erwägung, was die Einrichtung ernsthaft beschädigen könnte.
«ICC ist politisches Instrument gegen Afrika»
Hintergrund der Debatte ist die Tatsache, dass der in Den Haag ansässige Gerichtshof bisher ausschliesslich Afrikaner angeklagt hat. Anstatt «Gerechtigkeit und Versöhnung» zu fördern, hat sich der ICC nach Tedros‘ Ansicht damit «zu einem politischen Instrument gegen Afrika und die Afrikaner entwickelt».
Der frühere UNO-Generalsekretär Kofi Annan und ein Zusammenschluss von 130 afrikanischen Bürger- und Menschenrechtsorganisationen hatten dem Gericht dagegen ihre Unterstützung ausgedrückt.