Obwohl die Luft sauberer geworden ist, werden die Grenzwerte für gesundheitsschädlichen Feinstaub in der Schweiz regelmässig überschritten. Beim Klimaschutz müsse die Lufthygiene besser berücksichtigt werden, fordern deshalb die Akademien der Wissenschaften Schweiz.
Treibhausgase und Luftschadstoffe stammen oft aus denselben Quellen, teilen die Akademien am Donnerstag mit. Werden weniger Treib- und Brennstoffe verbraucht, senkt dies zum Beispiel den Ausstoss von Russ und Ozon, die beide sowohl gesundheitsschädlich als auch klimaerwärmend wirken.
Doch nicht alle Massnahmen, die langfristig für das Klima gut sind, nützen auch der Gesundheit. So produzieren etwa Kleinstanlagen zur Verbrennung von Holz und anderer Biomasse häufig sehr grosse Mengen Feinstaub, der Einbau von Filtern ist oft zu teuer.
Feinstaub löst Entzündungen in den Atemwegen aus, die zu Asthma bei Kindern, Herzkreislaufkrankheiten und Lungenkrebs führen können. In der Schweiz sterben laut Bundesamt für Umwelt (BAFU) 3000 bis 4000 Menschen pro Jahr vorzeitig wegen schlechter Luft.
Die Lufthygiene sei in der Energie- und Klimapolitik heute noch zu wenig verankert, kritisieren die Akademien. Sie fordern deshalb, dass die Politik im Hinblick auf die Energiestrategie 2050 nur energie- und klimapolitische Massnahmen unterstützt, die auch die Luftreinhaltung berücksichtigen.
«Es muss verhindert werden, dass unter dem Titel von Energiewende und Klimaschutz auch lufthygienisch – und somit gesundheitlich – verfehlte Massnahmen gefördert werden», schreiben die Akademien in einem am Donnerstag veröffentlichten Factsheet.
Problem Feinstaub
Seit dem Inkrafttreten des Umweltschutzgesetzes und der Luftreinhalteverordnung vor 30 Jahren hätten viele gesundheitsschädliche Emissionen wie Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid, Blei und Cadmium deutlich abgenommen. Problematisch blieben jedoch der Feinstaub, der auch den Krebs erzeugenden Russ enthält, und Ozon, erklärten die Akademien.
Feinstaub (mit Korngrössen bis zu 10 Mikrometern, PM10) ist heute laut BAFU eine der grössten Herausforderungen für die Luftreinhaltepolitik. Besonders im Winter litten Städte und verkehrsnahe Gebiete unter zu hohen Feinstaub-Belastungen mit negativen Folgen für die Gesundheit.
Feinstaub entsteht entweder direkt durch Verbrennung (Dieselmotoren, Holzheizungen) oder Abrieb von Reifen oder Bremsen, oder sekundär in der Luft aus gasförmigen Vorläuferschadstoffen wie Schwefeldioxid oder Ammoniak. Der Grenzwert für PM10 von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter im Tagesmittel darf höchstens einmal im Jahr überschritten werden. Dies kann praktisch in keinem Jahr eingehalten werden.
Dreckige Holzverbrennung
Im Hinblick darauf ist laut den Akademien die Holzverbrennung der grösste Zielkonflikt mit dem Klimaschutz. Holzöfen wie Cheminées oder Schwedenöfen stossen im Vergleich zu Öl- oder Gasfeuerungen deutlich mehr Feinstaub sowie Schadstoffe aus, die in der Atmosphäre Feinstaub bilden. Dabei tragen sie viel weniger zur Wärmeversorgung bei.
«Eine breite Förderung der Holzfeuerungen aus Gründen des Klimaschutzes ist deshalb lufthygienisch problematisch», schreiben die Akademien. Dies gelte besonders für Kleinanlagen. Die Verbrennung von Holz sei nur in grossen Anlagen mit guter Abgasreinigung sinnvoll, diese seien auch energieeffizienter.