Aktien der S&P-Muttergesellschaft eingebrochen

US-Präsident Barack Obama knöpft sich zu Beginn seiner zweiten Amtszeit die Rating-Agentur Standard & Poor’s (S&P) vor. Die Regierung in Washington geht erstmals juristisch gegen eine der grossen und am Kapitalmarkt sehr einflussreichen Unternehmen vor.

Blick aufs Büro in New York (Archiv) (Bild: sda)

US-Präsident Barack Obama knöpft sich zu Beginn seiner zweiten Amtszeit die Rating-Agentur Standard & Poor’s (S&P) vor. Die Regierung in Washington geht erstmals juristisch gegen eine der grossen und am Kapitalmarkt sehr einflussreichen Unternehmen vor.

S&P wird für den Ausbruch der weltweiten Finanzkrise vor sechs Jahren mitverantwortlich gemacht. Ratingagenturen insgesamt hätten, so der Vorwurf, riskante Wertpapiere lange mit zu guten Bonitätsnoten versehen, weil sie selbst davon profitiert

Die US-Regierung beanstandet Bonitätsnoten für mit Hypotheken abgesicherte Wertpapiere aus dem Jahr 2007, also kurz vor der Finanzkrise. Wie aus den am Montagabend eingereichten Gerichtsunterlagen hervorgeht, werden zivilrechtliche Strafzahlungen angestrebt. Anders als in strafrechtlichen Prozessen gilt die Beweisführung in solchen Fällen als leichter.

Die gewöhnlich gut informierte „New York Times“ berichtete, Verhandlungen zwischen S&P und dem Justizministerium seien vorige Woche gescheitert, nachdem die Regierung eine Einigung oberhalb einer Milliarde Dollar gefordert habe. Obama kann nicht wiedergewählt werden und muss daher nun weniger Rücksicht bei brisanten Themen nehmen.

Laut S&P dürfte es in dem Fall vor allem um verbriefte Hypothekenkredite (CDOs) gehen. Die Agentur teilte mit, es sei falsch anzunehmen, geschäftliche Überlegungen hätten die Ratings beeinflusst.

Die Emittenten der Wertpapiere bezahlen die Agenturen, worin Kritiker einen Interessenskonflikt sehen. In zahlreichen anderen Klagen von privaten Investoren hat S&P stets argumentiert, die Ratings seien subjektive Urteile und vom Recht auf freie Meinungsäusserung geschützt.

Aktionäre in Panik

An der Börse kam es für die beiden führenden Agenturen zu einem regelrechten Ausverkauf: Die Aktien der S&P-Muttergesellschaft McGraw-Hill brachen am Montag, als bereits mit der Klage gerechnet wurde, um knapp 14 Prozent ein. Es war der grösste Tagesverlust seit dem Börsen-Crash 1987. Moody’s-Papiere gaben fast elf Prozent nach.

Noch ist unklar, warum sich die US-Regierung nur gegen S&P und nicht gegen Moody’s und die dritte grosse Agentur Fitch wendet, die im Zusammenhang mit der Finanzkrise ebenfalls stark kritisiert wurden. Allen wird vorgeworfen, Tausende Wertpapiere, die sich später als Schrott-Papiere erwiesen, zu positiv eingeschätzt zu haben. Nachdem die Krise mit Problemen am US-Immobilienmarkt ausbrach, wurden die Noten rasch heruntergestuft – und die Krise dadurch noch verstärkt.

Jura-Professor Jeffrey Manns von der George Washington Universität sagte, die Klage sei bedeutend, weil sich andere Bundesstaaten und – noch schlimmer für S&P & Co – private Anleger anschliessen könnten. Vor allem gehe es aber um die Botschaft. Die Regierung sende das Signal, dass sie es Ernst meine und die Branche zur Rechenschaft ziehe. „Deswegen muss sie sehr viel vorsichtiger sein.“

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