Nach heftigen Kämpfen mit der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) haben Syrische Kurden die nordsyrische Grenzstadt Tell Abjad vollständig erobert. Letztere galt als wichtiges Einfallstor für ausländische Dschihadisten, die sich dem IS in Syrien anschliessen wollten.
Die IS-Kämpfer seien Richtung Westen und Südwesten geflohen, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Dienstag. Mindestens 40 Extremisten seien dabei von Luftangriffen der internationalen Koalition getötet worden.
«Seit der Morgendämmerung war kein einziger Schuss zu hören», sagte der Chef der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahmane, der Nachrichtenagentur AFP. Die in Grossbritannien ansässige Beobachtungsstelle bezieht ihre Erkenntnisse aus einem Informanten-Netzwerk vor Ort. Die Informationen sind unabhängig kaum überprüfbar.
Am Montag hatten die syrisch-kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) aber selbst bestätigt, sie hätten die meisten IS-Extremisten aus der Stadt vertrieben. Die YPG-Kämpfer wurden von syrischen Rebellengruppen und durch Luftangriffe der US-geführten Militärallianz unterstützt.
Wichtige Nachschubroute
Mit der Niederlage verlieren die IS-Dschihadisten ihre wichtigste Nachschubroute aus dem Nachbarland Türkei zu ihrer Hochburg Rakka. Diese liegt etwa 50 Kilometer südlich von Tell Abjad, über das die Islamisten Waffen und Öl schmuggelten.
Mit der vollständigen Einnahme Tell Abjads können die Kurden zugleich die von ihnen beherrschten Gebiete um die Stadt Kobane im Norden und die Stadt Kamischli im Nordosten des Landes vereinen. Ende Januar hatten die Kurden den IS bereits aus Kobane vertrieben.
Die Kämpfe um Tell Abjad hatten tausende Menschen in die Flucht getrieben. Die Türkei hatte die Grenze bei Akçakale mehrere Tage lang geschlossen. Am Montag liessen die türkischen Sicherheitskräfte dann rund 3000 Menschen ins Land, die stundenlang in der Hitze ausgeharrt hatten, wie ein AFP-Fotograf beobachtete.
Vorwürfe aus der Türkei
Der türkische Vize-Ministerpräsident Bülent Arinc warf den kurdischen Volksschutzeinheiten und dem IS am Montagabend laut der Nachrichtenagentur DHA vor, eine «Flüchtlingswelle» von Arabern und Turkmenen in der Region ausgelöst zu haben.
Er sagte zugleich, man werde südlich der Grenze kein Konstrukt zulassen, das die Türkei bedrohe. Die Türkei befürchtet separatistische Bestrebungen der eigenen kurdischen Bevölkerung.