Die belagerte syrische Grossstadt Aleppo könnte nach Einschätzung von Hilfsorganisationen zum «nächsten Srebrenica» werden. Gerade sei die einzige Strasse von der Türkei nach Aleppo vollständig abgeschnitten worden.
«Aleppo wird das nächste Srebrenica werden», sagte der Arzt Zaher Sahloul von der Hilfsorganisation Syrian American Medical Society am Donnerstag in Washington mit Blick auf die bosnische Stadt, in der 1995 mehr als 8000 muslimische Jungen und Männer von bosnischen Serben ermordet worden waren.
Die Hilfsorganisationen kritisierten, dass seit dem Beginn der Feuerpause in Syrien am Samstag zwar die Angriffe auf Zivilisten deutlich abgenommen hätten, die Regierungstruppen aber noch immer keine Hilfskonvois durchliessen. Es drohe der Stadt ein ähnliches Schicksal wie anderen belagerten Städten.
Neal Keny-Guyer von der Hilfsorganisation Mercy Corps sagte, am Mittwoch habe es fünf Angriffe auf den Hauptzugang zu Aleppo gegeben. Seit Montag sei die Hauptstrasse immer wieder geschlossen worden. Die Regierungstruppen hatten im Februar mit Unterstützung der russischen Luftwaffe eine Grossoffensive auf Aleppo begonnen, die seit dem Sommer 2012 zwischen Regierung und Rebellen geteilt ist.
Frankreichs Präsident François Hollande und der britische Premier David Cameron riefen am Donnerstag in Paris die syrische Regierung und Russland auf, den «Marsch auf Aleppo» zu stoppen. Sahloul warnte, es gebe Hinweise, dass die Regierung versuche, die aktuelle Situation auszunutzen, um weitere umkämpfte Gebiete nördlich von Aleppo, in Latakia und im Norden von Homs unter ihre Kontrolle zu bringen.