Immer häufiger müssen die Stadtzürcher Rettungskräfte schwer betrunkene oder mit Drogen zugedröhnte Personen ins Spital bringen, die obendrein zunehmend aggressiv auf die Sanitäter reagieren. Eine am Freitag präsentierte Studie hat die Entwicklung innert zehn Jahren verfolgt.
Für die Studie haben das Universitätsspital Zürich (USZ) und Schutz&Rettung Zürich sämtliche Einsatzprotokolle aus den Monaten Mai und Juni der Jahre 2001 bis 2010 ausgewertet, wie Lukas Zimmerli, leitender Arzt am USZ, vor den Medien erklärte.
Das Fazit: In diesen zehn Jahren erfolgte im Durchschnitt jeder zehnte Einsatz wegen übermässigen Alkohol- oder Drogenkonsums. Pro Jahr stieg die Zahl dieser Einsätze um jeweils fünf Prozent an.
Der grösste Teil der Patientinnen und Patienten waren zwischen 25 und 44 Jahre alt. Am meisten zugenommen hat aber die Zahl der unter 25-jährigen Patienten. In dieser Altersgruppe sind zudem vier von zehn Patienten Frauen – ein deutlich grösserer Anteil als bei den älteren.
Aggressive Patienten
Wie Stefan Müller, Chefarzt Schutz&Rettung Zürich sagte, reagieren immer mehr Patienten aggressiv auf die Sanitäter. An manche Einsatzorten komme von vornherein die Polizei mit, sagte Polizeivorsteher Daniel Leupi (Grüne).
Die Organisation schule ihre Mitarbeitenden für diese Art Einsätze, so Müller. Für die Patienten gefährlich sei vor allem die Kombination von Alkohol und irgendwelchen Drogen. Dazu kämen häufig Folgeverletzungen, etwa von Stürzen. Eine enge Zusammenarbeit mit den Spitälern und anderen Institutionen sei vor allem bei Grossanlässen unabdingbar.
Als Hauptgründe für die fatale Zunahme von riskantem Alkohol- und Drogenkonsum sieht Leupi die 24-Stunden-Gesellschaft, die ständige Verfügbarkeit von billigem Alkohol sowie fehlende soziale Kontrolle – und die Nacht-S-Bahn. Diese bringe de facto heute nicht mehr Nachtschwärmer sicher nach Hause, sondern „pumpe“ sie nach Mitternacht aus umliegenden Gemeinden in die Stadt.
Die Möglichkeit, Massnahmen zu ergreifen, seien beschränkt. Die Verantwortung müsse bei jedem Einzelnen und dessen direktem Umfeld liegen. Die Politik könne bloss die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen – dies geschehe aber grösstenteils nicht auf kommunaler Ebene. Die Stadt setze sich deshalb ein für Einschränkungen des Alkoholverkaufs in der Bundesgesetzgebung.
Nach der Langzeitstudie, die sich auf die Datenauswertung von jeweils zwei Monaten beschränkte, erscheint nun in ein paar Monaten eine Folgestudie über das gesamte Jahr 2010.