Am Wochenende stiebt das Sägemehl, wenn die 275 Teilnehmer des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfests in die Zwilchhosen steigen und vor zahlreichen Zuschauern in Estavayer ihren König küren. In der Romandie ist alles bereit für den «Hosenlupf» im Grossformat.
Mit einem Budget von rund 25 Millionen Franken, einer Arena mit rund 50’000 Plätzen und erwarteten 250’000 Besucherinnen und Besuchern ist das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest längst zum grössten Sportereignis der Schweiz geworden.
Das «Eidgenössische», das alle drei Jahre stattfindet, ist aber nicht nur ein Sportanlass, sondern auch ein Volksfest, mit dem viele Besucher Werte wie Tradition und Heimatverbundenheit verknüpfen. Die Erfüllung dieser Erwartungen ist eine heikle Gratwanderung zwischen Kommerz, Kitsch und Tradition.
Der Boom, den der Nationalsport Schwingen seit einigen Jahren erlebt, ist unterdessen auch in der Romandie angekommen. Trotzdem hat die helvetische Form des Ringens dort noch nicht den Stellenwert wie ennet der Saane. Erstmals überhaupt ist aber auch ein «Eidgenössisches» bei der turnusgemässen Austragung in der Westschweiz ausverkauft.
Dies allein ist aber noch kein Garant für schwarze Zahlen. Auch der Festbetrieb rund um das Stadion mit Festzelten, Ständen, Konzerten und anderen Veranstaltungen muss florieren. Wettersorgen müssen sich die Veranstalter immerhin keine machen: die Prognosen gehen von schönem Hochsommerwetter aus.
Sorgenkind Verkehr
Mehr Bauchschmerzen als das Wetter dürfte den Veranstaltern der Verkehr machen. Die 44. Austragung des «Eidgenössischen» findet auf dem Areal des Militärflugplatzes Payerne an der freiburgisch-waadtländischen Kantonsgrenze statt.
Es sei wichtig, dass die Besucher verschiedene Verkehrsmittel benutzten. «Wenn alle mit dem Auto anreisen, sind Staus mit unerfreulichen Folgen für das Festprogramm unvermeidlich», warnten die Organisatoren bereits verschiedentlich. Auch viele Cars werden in Estavayer erwartet.
Das Bundesamt für Verkehr warnte dieser Tage bereits vor Staus auf den Autobahnen der Region. Vor allem in den frühen Morgenstunden und am Sonntagnachmittag nach Festende werde das Verkehrsaufkommen markant höher sein als sonst.
Aus verschiedenen Städten verkehren reservationspflichtige Sonderzüge ans «Eidgenössische». Anders als vor drei Jahren in Burgdorf, ist die Anreise mit dem öffentlichen Verkehr nicht im Ticketpreis inbegriffen. Zwischen den Bahnhöfen Payerne und Corcelles Nord und dem Festplatz verkehren durchgehend Shuttle-Busse.
Schon beim letzten «Eidgenössischen» in Burgdorf wurde ein Verkehrschaos erwartet, das dann aber nicht eintraf. Mit Geduld, Humor und Disziplin sorgte die Schwingergemeinde dafür, dass alles glatt lief.
König der Schweiz
In der Broye-Arena werden die Schwinger am Wochenende in sieben Sägemehlringen zusammengreifen und mit «Wyberhaken», «Hüfter» und «Brienzer» einander zu bezwingen versuchen. Wer gewinnt, putzt dem Verlierer das Sägemehl vom Rücken. Der Sieger ist Schwingerkönig und damit der einzige König, den das Schweizer Volk toleriert.
Der Schlussgang am Sonntag ist längst zu einem TV-Ereignis geworden. Vor drei Jahren verfolgten gegen eine Million Zuschauerinnen und Zuschauer am Fernsehen, wie Sempach Matthias seinen Gegner Stucki Christian ins Sägemehl zwang. Auf den Sieger wartet traditionsgemäss ein prächtiger Stier als Lebendpreis – und in neuerer Zeit fast wichtiger, lukrative Werbeverträge.
Favoriten auf den Königstitel gibt es einige. Ein ungeschriebenes Gesetz, das seit über 70 Jahren Bestand hat, sagt aber, dass keiner König wird, der älter als 30 ist. Von den 45 Schwingerkönigen, die seit dem ersten Eidgenössischen 1895 in Biel ausgezeichnet wurden, waren nur gerade drei älter als 30-jährig. Und alle kamen vor 1940 zu Königsehren.
Hornusser und Steinstösser
Am «Eidgenössischen» messen sich nicht nur die Schwinger, sondern auch die Hornusser und Steinstösser küren ihre Sieger.
Bei den Steinstössern wird mit Steinen von 20 und 40 Kilo gestossen sowie mit dem 83,5 Kilo schweren Unspunnenstein. Gestossen wird aus dem Stand oder mit Anlauf.