Jean Tinguelys «Cyclope» kommt nach Basel. Allerdings kennt man hier andere Werke des Schweizer Künstlers besser. Zum Beispiel seine «Lampe»: den «Luminator».
Es gab eine Zeit, die ist noch gar nicht so lange her. Damals kroch man im Bahnhof SBB nicht mittels Rolltreppen zu einer Passerelle hoch, sondern begab sich eine Rampe hinab in den Untergrund. Oben an der Rampe, da war auf massiven Metallpfeilern eine riesenhafte Lampe angebracht. Ein Ungetüm aus Metall und unzähligen Glühbirnen. Ein Kunstwerk: Jean Tinguelys «Luminator».
Das Licht am «Luminator» im Bahnhof SBB wurde am 25. Oktober 1991 um 18 Uhr abends eingeschaltet. Sieben Jahre lang leuchtete und ratterte er, bevor er 1998 abgebaut werden musste, um für den Umbau des Bahnhofs Platz zu machen. Jegliche Versuche und Einsprachen, den «Luminator» danach wieder dort zu installieren, scheiterten. Der «Luminator» reiste für kurze Zeit nach Leipzig, wo ihn in der grossen Bahnhofshalle kaum einer wahrnahm, und war dann für kurze Zeit im Museum Tinguely zu sehen. 2004 schliesslich verschwand er in einer Lagerhalle.
13 Jahre war das Werk damals alt, und der Rost, der daran klebte, war schon bei seiner Erschaffung dran gewesen.
Nichts anderes als eine Lampe
1990 wars, da hatte Klaus Littmann, heute Kulturunternehmer, damals noch Galerist, die Idee, einen Kunstzug auf Reise zu schicken: den Kulturgüterwagen. Mehrere Künstler machten dabei mit, darunter Eva Aeppli, Bernhard Luginbühl und – Jean Tinguely. Im Frühling 1991 bauten sie in der Muba-Halle 107 (dem heutigen Musical Theater) an ihren Werken für diesen Zug. Einträchtig nebeneinander arbeitend, verpflegt vom Wirt des Bahnhofbuffets, Hans Berchtold.
Nur etwas störte das Künstleridyll, fand zumindest Tinguely: das Licht. Also machte er sich daran, eine Lampe zu bauen.
Er besorgte sich den Auslegearm eines Krans als Trägerelement, schraubte und schweisste daran Räder und andere Metallstücke, verkabelte alles. Die «Lampe», wie Tinguely den «Luminator» nannte, wog zum Schluss fast vier Tonnen, war 24 Meter lang und 10 Meter hoch. Während der Art Basel 1991 beleuchtete sie den Kulturgüterwagen. Der Kunstzug ging danach auf Tournee, der «Luminator» blieb vorerst in der Messehalle. Hans Berchtold, der Wirt vom Bahnhofbuffet, wollte ihn für sein Restaurant. Tinguely aber, der fand, das sei keine Lösung. Die Schalterhalle jedoch, das konnte er sich vorstellen.
Also klärte man ab. Die SBB wollten zwar den Unterhalt bezahlen, den «Luminator» aber nicht erwerben. Am Schluss kaufte ihn der damalige Bankverein, eine Million Franken war der Preis, den Tinguely nannte.
Tinguelys letzter Wunsch
Mitte August 1991 begann man mit dem Aufbau des «Luminators», immer nachts, wenn keine Züge fuhren. Am 30. August starb Jean Tinguely an einem Schlaganfall. Der «Luminator» war seine letzte Grossskulptur, der Platz in der Schalterhalle im Bahnhof SBB sein letzter Wunsch. Dort, wo die Leute ihn sehen können. Tinguely selbst hat ihn dort nicht mehr gesehen.
Heute hängt Tinguelys «Lampe» am EuroAirport, wieder im öffentlichen Raum. Nicht ganz so zentral zwar wie damals in der Bahnhofshalle, aber für all jene sichtbar, die sich auf den Weg machen, von der Panoramaterrasse den startenden und landenden Flugzeugen zuzusehen. Und vielleicht unter seinen Lichtern einen Zwischenstopp einlegen.
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Der «Luminator» übrigens ist mit über 500 Glühbirnen bestückt. Deswegen (und weil Tinguely noch andere Lampenskulpturen schuf) hat das Museum Tinguely, als die althergebrachte Glühbirne aus dem Verkauf genommen wurde, einen Riesenvorrat an Glühbirnen angeschafft. Diese Geschichte erzählt folgender Artikel: «30’000 Glühbirnen als Notvorrat».