Am Zürcher Limmatquai neben dem Rathaus-Café wird seit Montag früh um 4 Uhr ein Hochsee-Hafenkran aufgebaut. Die umstrittene, 600’000 Franken teure Kunstaktion spielt mit der Fantasie, dass es in Zürich einst einen Hafen gab, der allmählich ausgegraben wird.
Bis Gründonnerstag wird das 30 Meter hohe grünliche Eisen-Ungetüm Stück für Stück aufgebaut. Neun Monate lang wird es dann an der Limmat stehen.
Für die Künstlergruppe, die hinter dem Projekt „zürich transit maritim“ steht, kommt der aus 26 Teilen bestehende Kran aus einem „archäologischen Depot“. Er erinnere an die Zeit vor 17 und vor 31 Millionen Jahren, als Zürich von Meeren überflutet gewesen sei, sagt Jan Morgenthaler, Sprecher der Künstlergruppe.
Er zeigte sich am Montag beim Aufbau begeistert. Der Kran passe grossartig an die Limmat: das selbe Grün finde sich rundherum wieder, unter anderem auf dem Turm der Fraumünsterkirche.
Ab 10. Mai wird „die Freilegung des Hafenkrans“ mit einem Festakt gefeiert. Mit einem grossen Hafenfest wird dann gemäss den Organisatoren vom 4. bis 6. Juli entlang der Limmat „eine maritime Atmosphäre aufleben“. Klein aber fein, nicht-kommerziell und voller Überraschungen soll es das Zürcher Kulturereignis in diesem Sommer werden.
Schiffshorn vermittelt „Emotion Meer“
In der ganzen Stadt wird ab dem 10. Mai jeweils etwa einmal wöchentlich ein lautes Schiffshorn ertönen, das laut Morgenthaler „die unmittelbare Emotion ‚Meer'“ vermittle. Es handle sich um einen Ton, der „direkt in den Bauch“ gehe.
Wie früher, als in einem Hafen wie jenem in Marseille jeweils eine Woche im voraus angekündigt worden sei, wann ein Schiff aus Amerika einfahren wird, werde in Zürich in den nächsten Monaten regelmässig bekanntgegeben, wann das nächste laute Schiffssignal ertönt.
Und selbst in den sechs Monaten, nachdem der Hafenkran Zürich wieder verlassen hat, wird das Schiffshorn noch regelmässig zu hören sein. Der gleiche Ton werde dann „einen wehmütigen und melancholischen Klang“ haben, sagte Morgenthaler. Man werde sich dann sagen: „Wow, war das schön, in Zürich am Meer“.
Diskussionen in Leserbriefspalten und Parlament
Seit Jahren wurde eine emotionale Diskussion um den Zürcher Hafenkran geführt, im Parlament, wenn ums Geld diskutiert wurde, und in den Leserbriefspalten. Das Spektrum reichte von „Symbol für Weltoffenheit“ bis zu „Mahnmal für behördliche Sturheit“.
Zuletzt wurde versucht, das Projekt noch mit einer Volksinitiative zu verhindern, die von über 6000 Zürcherinnen und Zürchern unterschrieben wurde. Sie hatte jedoch keinen Einfluss mehr auf das aktuelle Projekt. An die Urne wird die Initiative möglicherweise erst kommen, wenn der Hafenkran bereits wieder abgebaut ist.
Dass das Hafenkran-Projekt einen heftigen Streit auslösen werde, habe er durchaus erwartet und dies sei auch gut so, sagte Stadtrat Martin Waser (SP), der sich hartnäckig – zuletzt auch mit privatem Geld – für die Realisierung eingesetzt hatte.
„Klar braucht Zürich keinen Hafenkran“, meinte er am Montag, aber das Projekt könne eine wichtige Diskussion über die Entwicklung der Stadt anstossen. Und es werde sicher den Zürcherinnen und Zürcher lange in Erinnerung bleiben.