Ameisen geben Information über Speichel weiter

Kommunikation per «French Kiss»: Forschende der Universität Lausanne haben bei Ameisen eine neue Art der chemischen Kommunikation entdeckt. Über ihren Speichel geben die Insekten Moleküle weiter, die den Zusammenhalt der Kolonie fördern.

Das gegenseitige Füttern ist im Tierreich weit verbreitet, auch bei staatenbildenden Insekten wie Ameisen. (Bild: sda)

Kommunikation per «French Kiss»: Forschende der Universität Lausanne haben bei Ameisen eine neue Art der chemischen Kommunikation entdeckt. Über ihren Speichel geben die Insekten Moleküle weiter, die den Zusammenhalt der Kolonie fördern.

Bisher hielt man das gegenseitige Füttern von Mund zu Mund bei Insekten – Throphallaxis genannt – für eben dies: Die reine Weitergabe von Nährstoffen und Enzymen. Adria LeBoeuf und ihre Kollegen von der Universität Lausanne haben jedoch entdeckt, dass die dabei ausgetauschte Körperflüssigkeit viel mehr enthält als nur Nahrung, wie sie kürzlich im Fachblatt «eLife» berichteten.

Die Wissenschaftler untersuchten die Zusammensetzung dieses Trophallaxis-Speichels der Ameisenart Camponotus floridanus und fanden darin zahlreiche Moleküle mit «Informationsgehalt». Darunter 64 sogenannte microRNAs, die die Produktion von Proteinen regulieren, sowie mehr als 50 Eiweissmoleküle, die für Entwicklung, Verdauung und das Immunsystem wichtig sind.

Mehr und grössere Arbeiterinnen

Insbesondere ein Wachstumshormon, das die Forscher im Speichel entdeckten, scheint für die Organisation der Kolonie eine wichtige Rolle zu spielen: Versetzten die Wissenschaftler die Nahrung der Ameisen-Arbeiterinnen mit diesem Hormon, steigerte das die Überlebenschancen der Larven, die diese Mund-zu-Mund fütterten. Rund doppelt so viele Larven wie ohne Hormonzusatz überlebten und wurden zu grösseren Arbeiterinnen.

Das könnte bedeuten, dass die Arbeiterinnen über die Menge des von ihnen abgegebenen Wachstumshormons auf den jeweiligen Bedarf an neuen Arbeiterinnen reagieren und die Koloniegrösse regulieren. Im Sommer benötigt der Ameisenstaat beispielsweise mehr grosse Arbeiterinnen, die auf Nahrungssuche gehen.

Der Duft der Kolonie

Ausserdem fanden sich im Speichelmix 49 langkettige Kohlenwasserstoffe. Dass solche Moleküle von Ameise zu Ameise weitergegeben werden, war zwar bekannt. Allerdings liess sich in früheren Studien nicht unterscheiden, ob die Kohlenwasserstoffe über Körperkontakt oder über den Speichel übertragen werden, so die Forschenden. Diese Moleküle tragen zum charakteristischen Duft der Ameisenkolonie bei, durch den sich die Mitglieder untereinander erkennen.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich hinter der Trophallaxis nicht nur Nahrungsweitergabe, sondern eine Form der direkten Kommunikation verberge, schrieben die Forschenden im Artikel. Und das gilt eventuell nicht nur für Ameisen: Auch bei anderen Insekten und Tieren ist Trophallaxis verbreitet. Beim Füttern von Mund zu Mund könnte es sich also generell um eine bisher unerkannte Form der Kommunikation handeln.

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