Beim Filmfestival von Cannes hat der österreichische Filmemacher Michael Haneke die Goldene Palme gewonnen. Sein berührendes Drama „Amour“ über Krankheit und Tod in einer langjährigen Ehe wurde am Sonntagabend von der Jury als der beste Film des Wettbewerbs 2012 ausgezeichnet.
Es ist bereits die zweite Goldene Palme für den 70-Jährigen: Erst vor drei Jahren bekam er den begehrten Hauptpreis für sein schwarz-weisses Sittendrama „Das weisse Band – Eine deutsche Kindergeschichte“.
In „Liebe“ erzählt Haneke in stillen, fast nur beobachtenden Bildern von dem Ehepaar George und Anna, die seit Jahrzehnten miteinander verheiratet sind. Als Anna dann erst einen, und später noch einen, Schlaganfall erleidet, kümmert sich George liebevoll um sie. Das wird von den beiden Hauptdarstellern, dem 81-jährigen Jean-Louis Trintignant und der 85-jährigen Emmanuelle Riva, überzeugend gespielt.
Die Jury unter Vorsitz ihres Präsidenten Nanni Moretti zeichnete ausserdem die Gesellschaftssatire „Reality“ des Italieners Matteo Garrone mit dem Grossen Preis der Jury aus. Der britische Regisseur Ken Loach wurde für sein tragikomisches Drama „The Angels‘ Share“ mit dem Preis der Jury geehrt.
Zwei Preise für Exorzismus-Drama
Gleich zwei Preise gingen an das Exorzismus-Drama „Beyond the Hills“: Regisseur Cristian Mungiu wurde für das beste Drehbuch geehrt, seine beiden Hauptdarstellerinnen Cosmina Stratan und Cristina Flutur als „Beste Schauspielerinnen“.
Die beiden spielen in Mungius Werk zwei junge Frauen, von denen die eine die andere aus einem Kloster holen will, weil sie nicht ohne sie leben kann. Doch die orthodoxe Gemeinschaft wehrt sich – mit fatalen Konsequenzen. Der Rumäne Mungiu hatte 2007 die Goldene Palme für das Abtreibungsdrama „4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage“ gewonnen.
Der Däne Mads Mikkelsen spielte in „The Hunt“ einen zu Unrecht beschuldigten Kinderschänder – und erhielt dafür die Auszeichnung als bester Schauspieler. In dem Drama von Thomas Vinterberg verkörpert der „James Bond“-Bösewicht Mikkelsen einen Mann, dessen Leben durch die Lüge eines Kindes zerstört wird.
22 Filme im Wettbewerb
Weitere Preise gingen an den Mexikaner Carlos Reygadas, der für „Post Tenebras Lux“ die Auszeichnung als bester Regisseur erhielt. Für den besten Debütfilm wurde der US-Amerikaner Benh Zeitlin für „Beasts of the Southern Wild“ ausgezeichnet.
Auch zwei schweizerische Koproduktionen wurden in Cannes ausgezeichnet. Emilie Dequenne erhielt am Samstag für den Film „A perdre la raison“ in der Auswahl „Un Certain Regard“ den Darstellerpreis. Bereits am Freitag hatte der 30-minütige Kurzfilm von Basil Da Cunha, „Os vivos tambem choram“ („Auch die Lebenden weinen“), eine „Mention spéciale“ des „Prix Illy“ erhalten.