Sven Andrighetto zeigt seit seinem Wechsel zu den Colorado Avalanche, was in ihm steckt. Er ist ein Paradebeispiel, wie entscheidend es ist, in der «richtigen» Organisation zu sein.
Bei den Montreal Canadiens, bei denen er 2013 einen Entry-Level-Vertrag unterschrieb, musste Andrighetto oft hartes Brot essen. In den ersten zwei Jahren kam er trotz guter Leistungen in der AHL bloss zu zwölf Einsätzen in der NHL. Auch die vergangene Saison begann er beim Farmteam, ehe er ab dem 22. November 2015 44 Partien für die Canadiens bestreiten konnte. Dabei erzielte er ordentliche sieben Tore und zehn Assists. Der Durchbruch schien geschafft. Im letzten Sommer erhielt der bald 24-jährige Flügelstürmer einen Einwegvertrag über ein Jahr. Dennoch musste er sich bis zum 10. November gedulden, ehe er in dieser Spielzeit erstmals für Montreal auflaufen durfte. Auch nach guten Leistungen blieb er in der Hierarchie weit hinten.
«Sie bauten nicht auf mich», sagte Andrighetto. Insofern war der Wechsel zu Colorado Anfang März eine Erlösung, auch wenn es das mit Abstand schlechteste Team der Liga ist. «Ich war unglaublich glücklich. Die vier Jahre in Montreal waren ein Auf und Ab. Am Ende brachte es mir nicht mehr viel.» Er wolle aber nichts Schlechtes sagen über die Canadiens. «Sie gaben mir die Chance, in der NHL zu spielen.»
Dass er nun bei den Avalanche aufgeblüht ist und in den ersten 16 Partien fünf Tore sowie sieben Assists erzielt hat, stellt für Andrighetto keine «riesige Überraschung» dar. Er hatte schon vor dem Trade das Gefühl, für den nächsten Schritt in Form von mehr Punkten bereit zu sein. Dies beweist er nun. «Colorado gab mir die Möglichkeit zu zeigen, was ich kann», erklärte Andrighetto.
Sechs Minuten mehr Eiszeit
Der Zürcher spielt beim Team aus Denver aktuell in der ersten Linie an der Seite des 21-jährigen Nathan McKinnon sowie des 20-jährigen Mikko Rantanen und wird auch im Powerplay eingesetzt. Durchschnittlich stand er bei Colorado während 17:28 Minuten auf dem Eis, das sind sechs Minuten mehr als in dieser Saison bei Montreal. Zweimal wurde er gar während mehr als 20 Minuten eingesetzt, was für einen Stürmer extrem viel ist.
«Das Vertrauen zu spüren, brauchst du als Sportler fürs Selbstbewusstsein», sagt Andrighetto, der die Schweiz an der WM in Paris und Köln (5. bis 21. Mai) verstärken dürfte. «Die offensive Rolle entspricht mir mehr. Ich habe nun mehr Einfluss.» Es bereitet ihm Freude, viele Chancen zu kreieren. «An Punkte denke ich ehrlich gesagt nicht.» Die deutlich grössere Eiszeit verträgt Andrighetto gut, er fühlt sich topfit. «Ich wusste, dass meine Zeit irgendwann kommen wird. Ich bereitete mich darauf vor, um körperlich und mental bereit zu sein.» So ging er nach den Spielen mit Montreal noch extra in den Kraftraum. Ausserdem lerne man in schwierigen Zeiten am meisten. Er sei nun auf jeden Fall stärker.
Geht es nach Andrighetto, würde er gerne langfristig bei Colorado bleiben. «Die Mannschaft ist sehr jung. Sie wollen hier etwas aufbauen.» Auch der Teamgeist gefällt ihm sehr. «Wir gehen viel zusammen zum Nachtessen.» Zudem lasse keiner den Kopf hängen, obwohl sie Letzter seien. Alle seien positiv und würden hart arbeiten. Genügend Argumente, bei der Avalanche zu bleiben, hat Andrighetto auf jeden Fall gesammelt.