Angeklagter schweigt vor Gericht

Der 48-jährige Mann, der 2013 zusammen mit seinem Sohn einen Kinderheimleiter und dessen Freundin in Spiez umgebracht haben soll, hat am Montag vor Gericht eisern geschwiegen. Der Sohn muss sich im Dezember vor dem Jugendgericht verantworten.

Am Regionalgericht in Thun muss sich ein 48-jähriger Mann seit Montag wegen mehrfachen Mordes verantworten. (Bild: sda)

Der 48-jährige Mann, der 2013 zusammen mit seinem Sohn einen Kinderheimleiter und dessen Freundin in Spiez umgebracht haben soll, hat am Montag vor Gericht eisern geschwiegen. Der Sohn muss sich im Dezember vor dem Jugendgericht verantworten.

Weder Vater noch Sohn hatten im Rahmen der Untersuchung Aussagen zur Tat gemacht. Hingegen schilderte der Sohn gegenüber einer psychiatrischen Sachverständigen er habe den Heimleiter und dessen Freundin allein umgebracht.

Das Jugendstrafrecht kennt als schärfste Sanktion eine vierjährige Freiheitsstrafe. Das Erwachsenenstrafrecht sanktioniert die vorsätzliche Tötung eines Menschen oder gar Mord sehr viel strenger.

Ein Sachverständiger des Instituts für Rechtsmedizin legte am Montag vor Gericht dar, warum das Verbrechen eher von zwei als von einem Täter begangen wurde.

Vom Verletzungsbild her ergebe sich keine zwingende Notwendigkeit für einen zweiten Täter, räumte der Sachverständige ein. Allerdings seine zwei unterschiedliche Tatwerkzeuge zum Einsatz gekommen.

Beim einen habe es sich um ein stabiles Messer mit erheblicher Klingenlänge gehandelt. Beim anderen seien am weiblichen Opfer zahlreiche nicht tödliche, nur oberflächliche Verletzungen gefunden worden, die von einem nicht primär scharfen Tatwerkzeug stammten, eventuell einer geschlossenen Schere.

Gehe man von nur einem Täter aus, stelle sich die Frage, weshalb er ein solch «eher untaugliches Tatwerkzeug» hätte einsetzten sollen, wenn er doch über eine tödliche Waffe verfügt habe. Unter der Annahme nur eines Täters lasse sich der gesamte Tatablauf «nicht zwanglos nachvollziehen», betonte der Sachverständige.

«Er war für uns wie ein Vater»

Während der selbstbewusst wirkende Angeklagte beharrlich schwieg, erzählten ehemalige Kinder des Heims, heute junge Frauen und Männer, von einem guten Verhältnis in der Institution. Der Heimleiter sei für sei wie ein Vater gewesen sei.

Im Gerichtssaal verfolgten zeitweise über 50 Personen den Prozess, darunter zahlreiche Angehörige und Nahestehende der beiden Opfer. Als die Gerichtsschreiberin am Morgen die Anklage zu der blutigen Tat verlas, war die Bedrückung im Saal schier mit Händen greifbar. Angehörige konnten die Tränen nicht mehr zurückhalten.

Auch die detaillierten Analysen der Verletzungen durch den rechtsmedizinischen Sachverständigen waren für Angehörige und Nahestehende äusserst belastend.

Rache für empfundene Demütigungen

Dem 48-jährigen Vater wird mehrfacher Mord zur Last gelegt. Er soll im Mai 2013 zusammen mit seinem Sohn den Leiter eines privaten Kinderheims in Spiez und dessen Partnerin erstochen haben.

Der Sohn war zusammen mit seinem Bruder im Jahr 2003 einige Wochen lang in dem privaten Kinderheim an der Spiezer Bahnhofstrasse untergebracht. Dort fühlte sich der Bursche aus seiner Sicht unangemessenen Bestrafungen und Demütigungen ausgesetzt.

Laut Anklageschrift ging es darum, dass der Bub das Bett respektive die Hosen eingenässt hatte. Schon damals äusserte der Vater Morddrohungen gegenüber dem Heimleiter.

Rund zehn Jahre später schritten Vater und Sohn zur Tat. Beide seien entschlossen gewesen, den Heimleiter für die Vorfälle im Jahr 2003 zu bestrafen und zu töten, heisst es in der Anklageschrift.

Das Gewaltverbrechen erschütterte damals das ganze Land. Die Polizei tappte lange im Dunkeln. Erst anderthalb Jahr nach der Tat wurden Vater und Sohn gefasst.

Am Dienstag geht es am Regionalgericht Thun weiter mit den Parteivorträgen. Das erstinstanzliche Urteil wird voraussichtlich für den 13. Dezember erwartet.

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