Er habe die Genfer Sozialtherapeutin Adeline bei einem Freigang umgebracht, um nach Polen fliehen und seine Ex-Freundin suchen zu können. Das gab der 42-jährige Angeklagte am Montag vor dem Strafgericht Genf an.
Nach einer Mittagspause antwortete er auf die kurzen und präzisen Fragen des Gerichtspräsidenten Fabrice Roch. Der Richter musste den schweizerisch-französischen Doppelbürger mehrmals unterbrechen, weil dieser bei seinen Erklärungen abgeschweift war.
Der 42-jährige bestritt das Tötungsdelikt nicht. «Ich wollte flüchten und meine Ex-Freundin in Polen wieder finden», sagte er am Nachmittag vor dem Genfer Strafgericht. Die Tat sei «ein Trieb gewesen», der stärker gewesen sei als er.
Er gab zu, die Sozialtherapeutin im Auto auf dem Weg in eine Reittherapie mit einem Messer bedroht zu haben. Das Messer durfte er sich zuvor zur Pflege von Pferdehufen kaufen – er wählte allerdings ein anderes Modell, als ihm bewilligt worden war.
Danach zwang er Adeline, zu einem verlassenen Haus in einem Wald nahe des Reitzentrums zu fahren und führte sie in den Wald. Dort fesselte er sie an einen Baum und schnitt ihr die Kehle durch. Vor der Bluttat zwang der zweifach vorbestrafte Vergewaltiger die Frau zu einem Kuss.
Der Angeklagte antwortete selbstbewusst auf die Fragen des Gerichtspräsidenten. In einem türkisfarbenen T-Shirt, grauen Hosen und Turnschuhen sass er auf der Anklagebank des Genfer Gerichts, die Beine schlug er häufig übereinander.
Angeklagter weist Vorsatz zurück
Der Richter konfrontierte den Angeklagten mit Abweichungen der gemachten Aussagen gegenüber dem Staatsanwalt und den Gerichtspsychiatern, welche die Gutachten über ihn erstellt hatten. Die unterschiedlichen Aussagen konnte der 42-Jährige zumeist nicht begründen.
Er wies den Vorwurf des Vorsatzes zurück und gab an, die Tötung der Sozialtherapeutin nicht geplant zu haben. Zwei französischen Gerichtspsychiatern hatte er jedoch angegeben, die Tat geplant zu haben. Allerdings räumte er ein, dass die Flucht nach Polen geplant gewesen sei.
Am Montagmorgen waren zum Prozessauftakt zunächst prozessuale Fragen verhandelt worden. Die Verteidigung und die Anwälte Vertreter der Angehörigen des Opfers verlangten, dass die Direktorin des unterdessen geschlossenen, auf Resozialisierung spezialisierten Zentrums «La Pâquerette», vor Gericht aussagt.
Keine neuen Zeugen
Wie beim ersten Prozess im Oktober legte sie jedoch ein medizinisches Zeugnis vor, um nicht vor Gericht erscheinen müssen. Nach Angaben ihres Arbeitgebers, den Genfer Universitätsspitälern (HUG), ist sie seit September 2016 krank geschrieben.
Das Gericht lehnte den Antrag ab, ebenso zwei weitere Anträge nach zusätzlichen Zeugen. Bei der ehemaligen Direktorin der «La Pâquerette» stelle sich nicht die Frage, ob eine Vorladung angebracht sei, sondern ob sei dazu im Stande sei, sagte Gerichtspräsident Fabrice Roch.
Die Verhandlung um das Tötungsdelikt Adeline muss neu aufgerollt werden, weil bisherigen Richter wegen Zweifeln an ihrer Unbefangenheit in den Ausstand treten mussten. Die neu bestellten Richter müssen wieder bei Null anfangen.
Während eines Freigangs getötet
Der 42-jährige Angeklagte ist wegen Mordes, Freiheitsberaubung, sexueller Nötigung und Diebstahls angeklagt. Der französisch-schweizerische Doppelbürger riskiert eine lebenslängliche Verwahrung.
Die 34-jährige Sozialtherapeutin war am 12. September 2013 während eines Freigangs getötet worden. Der mutmassliche Täter war wegen zweier Vergewaltigungen in den Jahren 1999 und 2001 bereits zu insgesamt 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden.