Silvio Berlusconi soll wegen Amtsmissbrauchs und Sex mit minderjährigen Prostituierten zu sechs Jahren Haft verurteilt werden. Das hat die Chefanklägerin im «Ruby»-Prozess gegen den früheren italienischen Regierungschef, Ilda Boccassini, in ihrem Plädoyer verlangt.
Ausserdem forderte sie, dass Berlusconi keine öffentlichen Ämter mehr übernehmen dürfe. Die Chefanklägerin liess keinen Zweifel daran, dass sie den 76 Jahre alten Berlusconi für schuldig hält. In seiner Villa Arcore habe es «systematische Prostitution» gegeben, erklärte sie.
Berlusconi habe auch sehr wohl gewusst, dass seine Sex-Partnerin «Ruby» zu dem Zeitpunkt noch minderjährig gewesen sei, so die Anklage. Für die Abende in Arcore sei Geld direkt von ihm an die junge Frau gegangen.
Mit dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft wurde der «Ruby»-Prozess am Montag nach einer mehr als zweimonatigen Unterbrechung in Mailand fortgesetzt. Es wurde erwartet, dass die Anklage eine mehrjährige Haftstrafe fordert, die Verteidigung anschliessend auf Freispruch auf der ganzen Linie plädiert.
Die Anklage wirft Berlusconi Amtsmissbrauch und Sex mit minderjährigen Prostituierten vor. Im Zentrum des «Ruby»-Prozesses steht die damals 17 Jahre alte Marokkanerin Karima El Marhoug, mit der Berlusconi bezahlten Sex gehabt haben soll. Beide bestritten dies.
Die Staatsanwaltschaft wirft Berlusconi ausserdem Amtsmissbrauch vor, weil er «Ruby» im Frühjahr 2010 mit einem Anruf in Mailand vor Schwierigkeiten mit der Justiz bewahren wollte. Berlusconi gab an, er habe sie für eine Verwandte des damaligen ägyptischen Staatspräsidenten Husni Mubarak gehalten und diplomatische Verwicklungen mit Kairo vermeiden wollen.
Ein erstinstanzliches Urteil um die angeblichen wilden «Bunga-Bunga»-Nächte in Berlusconis Villa bei Mailand könnte damit noch in diesem Monat kommen. Es ist einer von mehreren Prozessen, in denen Berlusconi angeklagt ist. Vergangene Woche erst war er wegen Steuerbetrugs erneut verurteilt worden.